: Georg Ebers
: Die Tempelschwestern. Band 2 Das Geheimnis des Tempels
: apebook Verlag
: 9783961303595
: 1
: CHF 2.60
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
DIE TEMPELSCHWESTERN Ägypten im Jahre 164 vor unserer Zeit: Zwei Schwestern sollen Dienerinnen im Tempel des Gottes Serapis werden. Doch ihre Schönheit bleibt auch den Sterblichen nicht verborgen und weckt Begehrlichkeiten. Und der Tempel birgt ein eigenes Geheimnis... Der zweibändige historische Roman »Die Tempelschwestern« spielt im Alexandria des zweiten Jahrhunderts vor Christus. Dem Historiker und Ägyptologen Georg Ebers gelingt die Verbindung von geschichtlich korrekter Darstellung und fiktiver Erzählung. Der altertümlich anmutende Sprachstil trägt zusätzlich zur authentischen Gesamtwirkung des Werkes bei. Diejenigen Leserinnen und Leser, die die Qualität eines historischen Romans auch in seiner Realitätsnähe erkennen, werden mit diesem Buch einen lohnenden Fund machen. Der historische Roman umfasst ca. 450 Seiten und liegt hier in einer zweibändigen und überarbeiteten Neuauflage vor. Dieses ist der zweite von zwei Bänden. Der Umfang des zweiten Bandes entspricht ca. 250 Buchseiten. CHRONIKEN DES SCHWARZEN LANDES Der zweibändige historische Roman »Die Tempelschwestern« bildet zugleich die Teile 7 und 8 der episch angelegten Reihe »CHRONIKEN DES SCHWARZEN LANDES«. Diese Reihe behandelt in eigenständigen Geschichten verschiedene Epochen des Alten Ägyptens. Die eigenständigen Geschichten können unabhängig voneinander gelesen werden. In ihrer Gesamtheit vermitteln sie den Leserinnen und Lesern auf unterhaltsame und spannende Weise einen soliden Wissensstand über Geschichte, Kultur, Religion und Alltagsleben des antiken Reiches, das seine Macht auf das fruchtbare Delta des Nils fußte und von seinen Einwohnern einst »Kemet« genannt wurde: »Schwarzes Land«.

Erstes Kapitel.


Wagen auf Wagen jagte aus der hohen Pforte des Königspalastes in die vom Schlummer der Nacht umfangene Stadt.

In dem großen Festsaale war es still geworden, und dunkelfarbige Sklaven begannen beim spärlichen Lichte einiger Lampen, die nicht verlöscht worden waren, den Mosaikfußboden, auf dem Rosen und andere, aus welkenden Epheu und Pappelkränzen gefallene Blätter umherlagen und verschütteter Wein dunkel glänzte, mit Besen und Schwämmen zu säubern.

Ein junger Flötenspieler saß, übermannt von Schläfrigkeit und Wein, in einer Ecke.

Der Pappelkranz, der seine Locken geschmückt hatte, war ihm von der Stirn geglitten und verdeckte sein hübsches Gesicht, seine Flöte aber hielt er auch im Schlafe fest mit den Fingern umspannt.

Die Diener ließen ihn ruhen und hantirten gleichgültig um ihn herum; nur ein Aufseher zeigte auf ihn mit dem Finger und sagte lachend:

»Seine Kameraden gingen auch nicht nüchterner nach Hause, als Der da. Ein hübscher Junge ist es und dazu der Liebste der schönen Chloë; die wird ihn heute umsonst erwarten.«

»Vielleicht auch morgen,« entgegnete der Andere, »denn wenn der Dicke sie sieht, so hat sie dem armen Damon am längsten gehört.«

Aber der Dicke, wie die Alexandriner und mit ihnen die anderen Aegypter den König Euergetes benannten, dachte in dieser Stunde an keine Chloë und ihresgleichen.

Er befand sich in dem zu seiner glänzend eingerichteten Wohnung gehörenden Bade.

Völlig entkleidet stand er in dem lauwarmen Naß, welches ein großes Bassin von weißem Marmor ganz erfüllte. In der blanken Oberfläche des duftenden Wassers spiegelten sich die Bildsäulen von jungen Nymphen, die vor verliebten Satyrn flohen, und das glänzende Licht vieler von der Decke herabhängender Lampen.

An der einen Schmalseite dieses Beckens lag die bärtige Männergestalt des Nilgottes, auf der sechzehn Kindergestalten, welche die Zahl der Ellen verbildlichten, deren der Strom Aegyptens zu einem günstigen Wachsthum bedurfte, zu ihrer eigenen und ihres stattlichen Vaters Lust und Freude umherkletterten.

Aus der Vase, auf welche der würdige Greis seinen Arm stützte, quoll ein reichlicher Strom von kaltem Wasser, das fünf schöne Jünglinge in schlank geformten Alabastervasen auffingen, um es über das Haupt, die ungeheuren Muskelberge an der Brust, dem Rücken und den Armen des jungen badenden Königs zu gießen.

»Mehr, mehr, immer mehr!« rief Euergetes, da die Jünglinge mit dem Schöpfen und Gießen inne zu halten begannen, und als sich nun ein neuer Wasserstrom über ihn ergoß, schnaufte und prustete er vor Behagen und weithin spritzten dichte Wasserstrahlen, sobald der Sturmhauch seiner Lungen das über ihn fortstürzende Naß berührte.

Endlich rief er ein lautes »Genug!«, stürzte sich mit seiner ganzen Schwere in das Wasser, so daß es so hoch aufspritzte, als habe man einen Felsblock hineingeschleudert, hielt sich eine Zeitlang unter der Oberfläche des feuchten Elementes und stieg dann auf marmornen Stufen aus dem Bade, schüttelte dabei muthwillig und kräftig sein Haupt, um mit knabenhaftem Uebermuth seine am Rande des Beckens stehenden Freunde und Diener völlig zu durchnässen, ließ sich mit schneeweißen und durchsichtig feinen leinenen Tüchern umwickeln, mit kostbaren Essenzen von zartem Duft bespritzen und trat in ein kleines, rings mit bunten Teppichen bekleidetes Gemach.

Dort warf er sich auf einen Hügel von weichen Kissen nieder und sagte tief athmend:

»Nun ist mir wohl und ich bin wieder so nüchtern wie ein Kind, das noch nichts Anderes als die Milch seiner Mutter zu kosten bekam. Pindar hat Recht! Nichts ist besser als Wasser! Es löscht auch die heiße Glut, die der Wein in unseren Herzen und Köpfen entzündet. Hab' ich vorhin viel dummes Zeug geschwatzt, Hierax?«

Der also Angeredete, der Befehlshaber der Truppen des Königs und sein bevorzugter Freund, warf einen fragenden Blick auf die übrigen Anwesenden; da ihm Euergetes aber unbekümmert zu reden b