Wenn sie lächeln, sehen sie aus wie Wölfe, denkt er.
Nur dass Wölfe nicht lächeln. Genauso wenig wie der Tod.
Vorspiel
Die schwarze Folie, mit der die Scheiben des Transporters abgeklebt sind, hat einen schmalen Riss. Er kann sehen, wie die Lichtreklamen und Straßenlampen weniger werden, dann fahren sie längere Zeit über eine Landstraße. Der Motor brummt gleichmäßig vor sich hin, bevor der Fahrer zurückschaltet und abbiegt. Erst nach links, dann zweimal kurz hintereinander nach rechts. Die Räder des Transporters krachen mehrmals durch tiefe Schlaglöcher, er hat Mühe, sich festzuhalten.
Als sie schließlich stehen und der Motor ausgestellt wird, hört er ganz deutlich einen vorüberfahrenden Zug. Und irgendwo bellt ein Hund. Er kann die Zeit nur schwer einschätzen, aber er glaubt, dass sie ungefähr eine halbe Stunde unterwegs waren. Erst als die Männer aussteigen und ihre Stimmen sich vom Wagen entfernen, begreift er, dass er nicht allein in dem Laderaum ist. Er spürt die Bewegung in dem Käfig neben sich mehr, als dass er wirklich etwas sieht oder hört. Aber da ist jemand!
Er presst das Gesicht an die Gitterstäbe und lauscht mit angehaltenem Atem. Die Wunde über seiner Augenbraue, wo ihn der Faustschlag erwischt hat, fängt wieder an zu schmerzen. Seine Stimme ist kaum mehr als ein heiseres Krächzen, als er fragt: »Wer bist du?«
Er bekommt keine Antwort. Nur der Motor, der sich langsam abkühlt, gibt eine Art metallisches Klopfen von sich. Und der Hund bellt wieder. Aber vielleicht ist es auch ein anderer Hund.
Er merkt, wie ihm der Schweiß ausbricht, obwohl es eiskalt in dem Transporter ist. Die Angst sitzt ihm wie eine Faust im Magen und schnürt ihm die Luft ab. Der stechende Geruch nach Urin erinnert ihn daran, dass er dringend pinkeln muss.
Er weiß nicht, was die Männer, die ihn in den Wagen gestoßen haben, von ihm wollen. Es sind andere Männer als die, die ihn vor ein paar Tagen auf der Straße mitgenommen und in einen Wohnwagen gesperrt haben. Aber er hat den Fahrer verstanden, als er vorhin etwas von einer Lagerhalle gesagt hat. Er kennt das Wort. Gleich nach ihrer Ankunft waren sie in einer solchen Halle gewesen und hatten neue Klamotten bekommen. Auch die neonroten Turnschuhe, die er trägt, stammen aus dieser Lagerhalle.
Das plötzliche Geräusch neben ihm lässt ihn unwillkürlich zusammenzucken, gleich darauf flammt ein Feuerzeug auf. Nur kurz, aber es reicht, um das Gesicht des anderen zu erkennen. Die schwarzen Haare, die ihm wirr in die Stirn fallen. Der halb geöffnete Mund mit den ausgeschlagenen Vorderzähnen. Die tief zurückliegenden Augen, die ihn blicklos anstarren. Er muss ungefähr in seinem Alter sein, aber er hat ihn noch nie zuvor gesehen.
»Wie heißt du?«, fragt er in die erneute Dunkelheit hinein.
Wieder erhält er keine Antwort.
»Verstehst du mich? Wo kommst du her? Weißt du, was wir hier sollen?«
Keine Antwort.
Er kommt sich albern vor. Als hätten seine Fragen bereits zu viel von seiner Angst verraten. Als würde ein unklares Gefühl ihn davor warnen, irgendeine Schwäche zu zeigen. Als wäre der andere kein Freund, sondern ein Feind.
Die Männer kehren zurück. Sie reden laut und lachen. In dem kurzen Moment, in dem die Schiebetür aufger