: Christof Gasser
: Solothurn tanzt mit dem Teufel Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960415190
: 1
: CHF 8.20
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine Serie rätselhafter Morde erschüttert die Stadt. Am Schmutzigen Donnerstag, dem Auftakt der Solothurner Fasnacht, wird am Fuß des Krummturms die Leiche einer jungen Frau gefunden. Eine Tätowierung mit der Zahl 666 bringt Hauptmann Dominik Dornach auf eine frühere Mordserie im Rotlichtmilieu, deren Opfer das gleiche Tattoo aufwiesen. Während Dornach und seine Ermittler ersten Hinweisen nachgehen, wird seine im Irak für die UNO tätige Tochter von Terroristen ins Visier genommen, und Dornachs Welt droht in einem sich immer schneller werdenden Strudel aus Angst zu versinken.

Christof Gasser, geboren 1960 in Zuchwil bei Solothurn, war lange in führender Funktion in der Uhrenindustrie tätig und leitete zwölf Jahre einen Produktionsbetrieb in Südostasien. Seit 2016 arbeitet er als freischaffender Autor und Kolumnist. Seine Romane belegen regelmäßig Spitzenplätze auf der Schweizer Bestsellerliste.

EINS

Karin tanzte im Rhythmus der Reggae-Klänge derGuggenmusik auf dem Friedhofplatz. Vor der Bar »Fryhof« unterhielt sich Luana mit drei jungen Männern. Sobald das Stück zu Ende war, kam sie zu Karin und hielt ihr eine Flasche Prosecco vor die Nase. »Prost.«

Karin trank in kleinen Schlucken. Der eiskalte Schaumwein kratzte in der Kehle. »Woher hast du den?«

»Den Typen dahinten abgeluchst.« Luana zeigte zu den drei Männern vor dem »Fryhof«, die über den Platz zu ihnen herübersahen.

»Was wollen sie dafür?« Karin setzte die Flasche erneut an.

»Wenn du daraus trinkst, musst du den in der Mitte, den Harry-Potter-Typ mit der Riesenbrille, auf den Mund küssen – mit Zunge bitte schön.«

Karin verschluckte sich. Sie wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Luana krümmte sich vor Lachen. Die Männer vor der Bar grinsten breit.

»Hättest du auch gleich sagen können.« Karin stieß Luana in die Seite. Sie warf sich die Kapuze ihres schwarzen Umhangs über. Ihr Blick wanderte verstohlen zur Bar. Sie konnte den Mann nicht einschätzen. Er trug einen überdimensionierten Zylinder, an dem eine ebensolche Brille festgemacht war. Was sie darunter zu erkennen glaubte, erweckte auf Anhieb keinen schlechten Eindruck, trotzdem wäre sie am liebsten gleich nach Hause gegangen. Ein kurzer Blick auf die Armbanduhr sagte ihr, dass sie bald zweiundzwanzig Stunden auf den Beinen war.

Um fünf Uhr früh des Vortages hatte der Böllerschuss die Stadt geweckt. Zusammen mit Hunderten anderer Durchmacher und Frühaufsteher hatte Karin im »Chesslerhemd«, einem übergroßen weißen Nachthemd, das sie über eine Daunenjacke gezogen hatte, mit dem traditionellen roten Halstuch um den Hals und weißer Zipfelmütze auf dem Kopf darauf gewartet, dass der Oberchessler den Zug in Marsch setzte. Eine voluminöse Kuhglocke, Leihgabe des großelterlichen Bauernhofes, hatte im Konzert mit weiteren Glocken,Rätschen, Hörnern und Pfannendeckeln zum Getöse beigetragen, welches die weniger fasnachtsaffinen Stadtbewohner aus den Betten riss.

Die »Chesslete« am Schmutzigen Donnerstag ist der Auftakt zum Höhepunkt der »fünften Jahreszeit«, wie die Solothurner ihre Fasnacht bezeichnen. Die Narren hatten die Stadtregierung temporär abgesetzt und das Regiment übernommen. Die Fasnacht ist Bestandteil derDNA der Stadt Solothurn, die jedes Jahr seit 1888 ab demHilaritag, dem offiziellen Beginn der Narrenzeit am 13. Januar, bis zum Aschermittwoch in »Honolulu« umbenannt wird. Zu diesem Zweck wechselt das Stadtbauamt die Orts- und Straßenschilder der Rathausgasse aus, welche für die Zeit der Fasnacht ihren ursprünglichen mittelalterlichen Namen trägt. Ob Einheimischer oder Besucher, freiwillig oder nicht, alle Menschen, die sich in den Fasnachtstagen in der Stadt aufhalten, werden in das verrückte Treiben einbezogen.

Nach der traditionellen Mehlsuppe, die in einigen Cafés undBeizen der Stadt gratis ausgegeben wird, hatten sich Karin