: Christof Gasser
: Schwarzbubenland Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960412816
: 1
: CHF 8.20
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 256
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dramatisch, packend, einfühlsam. Die Suche nach der verschollenen Gattin eines Alt-Regierungsrates führt Journalistin Cora Johannis in ein kleines Dorf im Schwarzbubenland, dessen Bewohner sie feindselig empfangen. Kurz nach ihrer Ankunft überschlagen sich die Ereignisse: In der nahen Burgruine kommt eine junge Frau zu Tode, zwei weitere Leichen werden in einer Höhle entdeckt. Als die Kugeln eines Heckenschützen Cora knapp verfehlen, besteht kein Zweifel mehr, dass sie Verbrechern auf der Spur ist, die vor nichts zurückschrecken . . .

Christof Gasser, geboren 1960 in Zuchwil bei Solothurn, war lange in der Uhrenindustrie tätig und leitete mehrere Jahre einen Produktionsbetrieb in Südostasien. Heute ist er selbstständig und unterrichtet nebenamtlich als Dozent und als freier Autor. Seine beiden Solothurn-Kriminalromane stehen seit mehreren Wochen auf den schweizerischen Bestsellerlisten.

EINS


Der dünne Lichtstrahl aus dem Nichts durchschnitt das Schwarz des schmalen, engen Korridors. Die Luft war zum Schneiden dick. Sie atmete mit offenem Mund. Sie hatte das Gefühl, nahe am Ersticken zu sein. Irgendwo vor ihr hörte sie die Angst- und Schmerzensschreie derjenigen, die auf sie zählten. Oder war es hinter ihr? Es kam von überall.

Die Luft hatte sich verändert. Neben staubigem Mief drang der schlammige Geruch modriger Feuchtigkeit in ihre Nase. Da war noch etwas anderes, etwas noch nicht Definierbares. Vor sich sah sie eine mit Stahlbolzen verriegelte Metalltür. Eine unbändige Todesfurcht ergriff von ihr Besitz und nahm ihr Herz in einen Klammergriff. Er drohte es zu zerdrücken und die Lebenskraft bis zum letzten Tropfen aus ihm herauszupressen.

Der Boden war hier feucht und glitschig. Sie rutschte aus und landete stolpernd auf ihren Knien. Eigenartigerweise verspürte sie keinen Schmerz. Der helle Lichtkegel verschwand im Nichts, woher er gekommen war. Lediglich ein schwaches blaues Leuchten schimmerte unter der Kante der Tür hindurch.

Beim Sturz hatte sie sich mit den Händen aufgefangen. Sie fühlten sich an den Innenflächen feucht und klebrig an. Sie hielt sie nahe vor die Augen. Eine träge Flüssigkeit lief in kleinen Rinnsalen über ihre Unterarme. Gleichzeitig begann die Luft zu zittern. Die Vibration vereinigte sich mit einem Geräusch, das sich vom hintersten Winkel ihres Gehirns einen Weg nach vorne bahnte. Es war ein lang gezogener, schriller Schrei. Ihr Schrei.

***

Cora Johannis warf Patrizia Egger einen mahnenden Blick zu und tippte sich auf den Mund. Patrizia leckte sich mit der Zunge den Milchschaumschnauz von der Oberlippe, den ihr Cappuccino hinterlassen hatte, und biss genüsslich in eine Butterlaugenbretzel.

Die Sonne hatte sich nach den nächtlichen Regenfällen bis in den frühen Morgen über der Solothurner Altstadt etwas hervorgewagt und dem anfänglich trüben Morgen ein spätsommerliches Gefühl verliehen. Unter der Markise auf der Terrasse des Café Hofer am Stalden, wo sie heute ihren Sonntagmorgenkaffee tranken, wurde es bereits angenehm warm. Coras Kinder waren den ganzen Tag beschäftigt; Julian mit einem Uni-Projekt, Mila bestritt einen Volleyballmatch.

Cora sah nicht ohne Neid zu, wie Patrizia genüsslich ihr Gebäck kaute. Nachdem ihr erbarmungsloses Spiegelbild an diesem Morgen einige bisher nie gesehene Hüftröllchen offenbarte, hatte sie sich ein Gebäck versagt und trank anstelle ihres Lieblings-Latte-macchiato einen doppelten Espresso. Immerhin konnte sie sich auf einen Lunch in einem der besten Restaurants der Stadt freuen, den sie nicht bezahlen musste.

«Ich hatte wieder einen dieser Träume», sagte Cora.

«Was meinst du?», fragte Patrizia. «Etwa die Alpträume, die dich lange verfolgt haben, nachdem du aus dieser Hölle zurückgekehrt bist?»

«Ja. Als ich mit Mila schwanger war und bis einige Monate nach ihrer Geburt waren sie verschwunden. Danach kamen sie nur selten wieder. Ich frage mich, warum sie mich ausgerechnet jetzt wieder heimsuchen.»

«Das hat nicht etwa mit deinem bevorstehenden Mittagessen und deinem Gespräch mit Wagner zu tun? Sa