: Sarah Lark
: Der Klang des Muschelhorns Roman
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838752921
: Die Feuerblüten-Trilogie
: 1
: CHF 8.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 800
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
  • Neuseeland, Canterbury Plains, 1853. Auf Rata Station ist die nächste Generation herangewachsen: Cat und Ida sind stolz auf ihre wunderbaren Töchter Carol und Linda. Von den Nachbarn jedoch wird die Familie mit ihrer erfolgreichen Farm mit Unmut und Neid betrachtet. Als ein schrecklicher Schicksalsschlag die Familie in tiefe Verzweiflung stürzt, ist Rata Station plötzlich in Gefahr ... Werden Carol und Linda ihre gesicherte Zukunft und ihr Zuhause verlieren?
  • M treißende Saga vor der herrlichen Kulisse Neuseelands und vor einem dramatischen Kapitel der Geschichte der Maori


KAPITEL 1

»Ist es noch weit?«

Mara Jensch war schlecht gelaunt, und sie langweilte sich. Der Weg zum Dorf der Ngati Hine zog sich endlos hin, und obwohl die Landschaft unzweifelhaft schön war und das Wetter gut, hatte Mara genug von Manuka-, Rimo- und Koromiko-Bäumen, von Regenwäldern und Farndschungeln. Sie wollte nach Hause, zurück auf die Südinsel, zurück nach Rata Station.

»Höchstens noch ein paar Meilen«, antwortete Father O’Toole, ein katholischer Priester und Missionar, der gut Maori sprach und bei dieser Expedition alsÜbersetzer dabei war.

»Quengel nicht!«, mahnte Maras Mutter Ida, lenkte ihre kleine braune Stute neben Maras Schimmel und sah ihre Tochter strafend an.»Du hörst dich an wie ein ungezogenes Kind.«

Mara zog einen Flunsch. Sie wusste, dass sie ihren Eltern auf die Nerven fiel. Ihre Stimmung war schließlich seit Wochen schlecht. Die Reise auf die Nordinsel gefiel ihrüberhaupt nicht. Weder konnte sie die Begeisterung ihrer Mutter für weite Strände und warmes Klima teilen noch das Interesse ihres Vaters an der Vermittlung zwischen Maori-Stämmen und englischen Siedlern. Mara sah darin für sich keine Notwendigkeit ? ihr Verhältnis zu den Maori war hervorragend. Schließlich liebte sie einen Häuptlingssohn.

Eine Zeit lang verlor sich das Mädchen in Tagträumen, in denen es mit seinem Freund Eruüber das endlose Grasland der Canterbury Plains wanderte. Mara hielt seine Hand, lächelte ihm zu… Vor ihrer Abreise hatten sie sogar schon zaghafte Küsse getauscht. Dann jedoch riss ein erschrockener Ausruf Mara aus ihren Fantasien.

»Was war das?« Der Vertreter des Gouverneurs, der Maras Vater für diese Mission angeheuert hatte, horchte furchtsam in den Wald.»Ich meine, ich hätte da etwas gesehen. Ist es möglich, dass sie uns ausspionieren?«

Kennard Johnson, ein kleiner, dicklicher Mann, dem das mehrstündige Reiten schwerzufallen schien, wandte sich nervös an die beiden englischen Soldaten, die er als Leibwächter mit sich führte. Mara und ihr Vater Karl konnten darüber nur lachen. Im Ernstfall hätten sie nicht das Geringste ausrichten können. Wenn der Maori-Stamm, zu dem ihre Gruppe unterwegs war, entschlossen gewesen wäre, Mr. Johnson zu massakrieren, so hätte er mindestens ein Regiment von Rotröcken gebraucht, um ihn daran zu hindern.

Father O’Toole schüttelte den Kopf.»Das muss ein Tier gewesen sein«, beruhigte er den Regierungsbeamten, um ihn mit seinen nächsten Worten erneut zu verunsichern.»Einen Maori-Krieger würden Sie weder sehen noch hören. Wir sind jetzt allerdings recht nah am Dorf. Natürlich werden wir beobachtet…«

Mr. Johnsons Blick wurde nun endgültig furchtsam. Maras Eltern sahen einander vielsagend an. Für Ida und Karl Jensch waren Besuche bei Maori-Stämmen nichts Ungewöhnliches. Wenn die beiden sich vor irgendetwas fürchteten, so höchstens vor einer Kurzschlussreaktion derpakeha, wie die Maori die englischen Siedler in Neuseeland nannten. Maras Eltern hatten da schon einiges erlebt. Gewalt zwischen Maori undpakeha ging nur selten von den Maori aus. Viel häufiger entlud sich die Furcht der Engländer vor den tätowierten»Wilden« in einem unüberlegten Schuss, der dann schlimme Folgen hatte.

»Bleiben Sie vor allem ruhig«, mahnte Karl Jensch jetzt noch einmal die anderen Teilnehmer der Expedition.

Neben den Regierungsvertretern begleiteten sie zwei Farmer, deren Beschwerden gegen die Ngati Hine die ganze Angelegenheit erst ausgelöst hatten. Mara musterte sie mit all dem Groll eines jungen Mädchens, dessen Pläne durchkreuzt worden waren. Ohne diese beiden Dummköpfe wäre sie längst auf dem Weg nach Hause. Ihr Vater hatte zur Schafschur auf Rata Station sein wollen, und die Schiffspassage von Russell ganz oben im Norden der Nordinsel nach Lyttelton Harbour auf der Südinsel war schon gebucht gewesen. Im letzten Moment war dann die Bitte des Gouverneurs an Karl Jensch ergangen, den Konflikt zwischen diesen Farmern und dem Häuptling der Ngati Hine möglichst gütlich beizulegen. Das sollte sich durch den schlichten Vergleich einiger Landkarten machen lassen. Karl hatte die Vermessungen vorgenommen und die Pläne gezeichnet, als Häuptling Paraone Kawiti einige Jahre zuvor Siedlungsland an die Krone verkauft hatte.

»Die Ngati Hine sind uns nicht feindlich gesinnt«, sprach Karl weiter.»Denken Sie daran– man hat uns eingeladen. Der Häuptling ist genau wie wir an einer friedlichen Lösung der Probleme interessiert. Es gibt keinen Grund, sich zu fürchten…«

»Ich fürchte mich nicht!«, fiel ihm einer der Farmer ins Wort.»Im Gegenteil! Die haben Grund, sich zu fürchten, die…«

»›Die‹«, bemerkte Maras Mutter Ida,»haben wa