: Hera Lind
: Fürstenroman
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426446034
: 1
: CHF 5.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die von Hohensinns sind eine Adelsfamilie, wie es sie so echt wohl nur noch im Salzkammergut gibt. In übermütiger Erzähllaune schildert Hera Lind das bewegte Schicksal einer modernen Fürstendynastie, lässt reichlich blaues Blut kochen oder fließen und deckt schonungslos die zahlreichen Charakterschwächen der einzelnen Familienmitglieder auf. Eine Hommage an das herrliche Salzkammergut, eine köstlich kitschige Fürstengeschichte und ein unwiderstehlicher Angriff auf die Lachmuskeln der Leserinnen und Leser! Es beginnt mit einer Katastrophe - und von da an geht es bergab. Nachdem die Hochzeit von Prinzessin Anne-Sophie mit einem ungarischen Adeligen abgesagt werden muss, weil der Bräutigam verschwunden ist und die Braut im Koma liegt, versinkt Fürst Leopold im Alkohol, der Erbprinz schlägt mit einer Axt um sich, der Enkel soll ins Kloster geschickt werden, Prinzessin Charlotte droht fremdzugehen und die Fürstin wahrt nur mühsam die Contenance. Schuld an allem sind, wie so oft, die Bürgerlichen, nämlich Christel und Renate aus Oberhausen, die Prinzessin Charlotte nicht mal auf der Damentoilette in Ruhe lassen ... Als sich am Ende der Rauch verzieht und die Alpengipfel wieder leuchten, ist allen klar: Unter dem roten Teppich des Adels sieht es nicht besser aus als bei Hempels unterm Sofa.

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Mit ihren Tatsachenromanen, die alle auf wahren Geschichten beruhen, erobert Hera Lind immer wieder verlässlich die vordersten Plätze der SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrer Familie in Salzburg.

»Die von der Presse« bekamen erst mal etwas anderes zu fressen. Verblüfft sahen sie, wie plötzlich ein Dutzend livrierter Diener und Serviermädchen mit Silbertabletts die Freitreppe hinunterschritten und sich hinter ihre Absperrung begaben.

»Mit besonderer Empfehlung der Fürstenfamilie«, meldeten die Bediensteten, während sie ihre Köstlichkeiten auf den benachbarten Gartentischen aufbauten. »Die Damen und Herren von der Presse mögen sich inzwischen etwas stärken.«

»Da is was faul«, sagte der Schmierenreporter Erwin vom »Alten Silberblatt«, ein kleiner dicker Berliner in Lederjacke, zu seinem Assistenten. »Erst wollen se uns janich reinlassen, und denn komm’se mit Kaviar und Lachs!«

»So freu dich doch«, antwortete Wolfgang Weyrauch von der Agentur »Neueste Adelsnachrichten«. »Sonst isst du doch auch gern was Feines.« Er klopfte seinem Kollegen ungeniert auf den vorstehenden Bauch.

»Ja, ick sach ja janich nein!« Erwin strahlte über das ganze runde Gesicht und schob sich ein Lachshäppchen in den Mund. »lck meen nur, det is Taktik!«

Er entledigte sich seiner Kameras, die ihm vor dem dicken Bauch baumelten, und ließ sich von einer jungen Serviererin Champagner einschenken. Eiskalten, trockenen Champagner. Röderer Kristall. Was anderes gibt es auf Schloss Hohensinn ja gar nicht. Also Söhnlein Brillant oder Rotkäppchen oder selbst Mumm … Fehlanzeige. Stiegl Bier gibt’s, und Schnaps für den Alten, und Champagner.

»Danke, schönet Kind!«, sagte Erwin, der dicke Berliner, und zog sich den Schampus wie Wasser rein.

Das schöne Kind knickste artig und versuchte weiterzugehen. Doch Erwin hielt es am Schürzenzipfel fest. »Man nich so eilich, Kleene! Ick könnt noch’n zweites Glas vertragen!«

»Wieso hältst du das für Taktik!«, mischte sich jetzt Ernsti Lohmann ein. »Sind halt freundliche Leute, die von Hohensinns, und haben außerdem die hübschesten Töchter Österreichs im Personal!«

Die junge Serviererin errötete, und wenn ich ehrlich sein soll: Mich hätte so ein Kompliment auch gefreut.

»Wa, Kleene!«, sagte bestätigend der dicke Erwin. »Nette Chefleute haste da erwischt!«

Er lud sich unfeine Mengen von dem Kaviar auf seinen Toast. Während das hübsche, schlanke Serviermädchen errötete, pappte er noch einen zweiten Toast obendrauf, und biss mit Genuss hinein. Was soll so ein Serviermädchen in so einer Situation auch machen. Erröten ist das Einzige, was sie sich leisten kann, sonst kann sie das vergessen mit der Klessheimer Tourismusfachschule.

»Mensch, Erwin, das ist kein Hamburger!« Weyrauch begann sich für seinen Kollegen zu schämen. Er war der letzte Adelsreporter, der noch etwas von guten Sitten verstand. »Kaviar isst man mit dem Perlmuttlöffel!«

»Siehst du hier irgendwo een Perlmuttlöffel? Ick nich!«

»Dann iss ihn wenigstens mit der Gabel!«

»Du, ick sage dir, ick hab ja schon viele von den Adelsherrschaft’n vor de Linse jehabt«, sprach nun Erwin mit vollen Backen. »Aba zu Champagner und Kaviar hat mir noch nicht eine einz’je Hohheit einjeladen.«

»Achtung, da kommt dieser Rampensau-Baron«, sagte Lohmann eine Spur zu laut, und Weyrauch drehte sich schnell weg. »Holdi, das Schwein!«

»Jibt ja auch wat umsonst«, sagt Erwin. »Wo hatter denn seine Mutta jelassen?«

»Die liecht da hinten auf der Gartenliege und pennt«, wusste sein Assistent zu berichten. Er hatte ein paar Schnappschüsse von der ollen Baronin gemacht, befürchtete aber, dass die niemand drucken würde. So kam er auf keinen grünen Zweig.

»Du, vielleicht kriegen wir über den eine Information«, mutmaßte Lohmann. »Der platzt doch vor Mitteilungsdrang, der alte Wichtigtuer.«

Holdi, das Schwein, hatte sich im Schloss gelangweilt, weil niemand seine Anwesenheit schätzte. Da seine Mutter Justine auf der Gartenliege rumlag und schlief, streifte er nun planlos umher. Eigentlich war er immer auf der Su