: Manfred Weinland
: Raumschiff Rubikon 13 Wahres Leben
: Uksak E-Books
: 9783738924893
: 1
: CHF 2.40
:
: Science Fiction
: German
: 240
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Am Morgen einer neuen Zeit. Der Krieg zwischen den organischen und anorganischen raumfahrenden Völkern konnte im letzten Moment abgewendet werden. Die Menschen jedoch sind nach wie vor fremdbestimmt und als die Erinjij gefürchtet, die sich in ihren Expansionsbestrebungen von nichts und niemandem aufhalten lassen. Abseits aller schwelenden Konflikte kommt es im Zentrum der Milchstraße zu einer von niemand vorhergesehenen, folgenschweren Begegnung. Eine unbekannte Macht hat sich dort etabliert. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich um keinen 'normalen' Gegner handelt. Die Bedrohung richtet sich nicht nur gegen die heimatliche Galaxie, sondern könnte das Ende allen Lebens bedeuten. Die Geschichte des Kosmos, so scheint es, muss neu geschrieben werden ...

1. Kapitel



Kontakt“, sagte die Stimme aus dem Off.

Scobee warf einen kurzen Blick auf den geschlossenen Sarkophagsitz, unter dessen Gehäuse der Kommandant der RUBIKON Platz genommen und sich mit dem Schiff in einzigartiger Weise verbunden hatte.

Cloud hatte es vorgezogen, die Ankunft der neuen Besatzung auf diese Weise zu erleben. Scobee hingegen war froh, alle relevanten Bilder von der Holosäule geliefert zu bekommen.

Ein historischer Moment stand unmittelbar bevor: die Wiederbevölkerung des Rochenraumschiffs, das in seinen „echten“ Ausmaßen die Größe einer künstlichen Stadt hatte. Eingedämmt wurde dies nach außen hin durch sogenannte Dimensionswälle. Dem Betrachter vermittelte sich der Anblick eines Raumschiffs von immer noch beachtlicher Größe, das an einen irdischen Mantarochen erinnerte. Die Spannweite betrug runde 300 Meter – ohne die Wälle wäre es ein Vielfaches gewesen.

Die RUBIKON bot Tausenden von Individuen Unterkunft und Lebensgrundlagen.

Und Tausende von Menschen strömten jetzt herbei. Von allen bewohnten Planeten des rätselumwobenen Angksystems. Sie kamen via Straßennetz – Energiestraßen, die sämtliche Welten des Ersten Reiches miteinander verbanden, ausgenommen Portas natürlich. Portas nahm eine Sonderstellung im Verbund der Welten ein, die eines Krebsgeschwürs, wenn man Kargors Worten und den eigenen Erfahrungen bei Yaels Rettung trauen durfte.

Auf Portas waren Kräfte aus den Fugen geraten und am Werk, die ein Mensch vermutlich niemals verstehen würde, wenn selbst die Bractonen daran scheiterten.

Scobee wünschte Kargor, der mit vielen seines Volkes aufgebrochen war, um auf Portas nach dem Rechten zu sehen ... und vielleicht den lang gesuchten Weg zurück in sein angestammtes Kontinuum zu finden ..., dass ihm Erfolg beschieden sein würde.

Milliarden seiner Art hatten sich jedoch entschieden, den Vorstoß ins Ungewisse nicht mitzumachen, sondern hier, in diesem Universum, das ihre Schöpfung war, zu bleiben. Bislang gab es keinerlei Anzeichen auf Machtgelüste, die sie zu diesem Entschluss geführt hatten. Vielmehr erhofften sie sich offenbar eine friedliche Koexistenz mit den angesiedelten Menschen. Was sich daraus in Zukunft entwickeln würde, war noch gar nicht absehbar.

Die RUBIKON dockte an einen Knotenpunkt des interplanetaren Systems von Energiestraßen an – und damit war den Ankömmlingen der Zutritt an Bord ermöglicht.

Eine Chance, die sie zu Tausenden wahrnahmen.

Männer und Frauen unterschiedlichen Alters, auch Kinder, die offenbar zu bestimmten Erwachsenen gehörten und eine Familie bildeten, waren darunter.

Wie konnte er dazu nur seine Einwilligung geben?“, drang es raschelnd aus dem Gestrüpp von Cys Pflanzenkörper, der auf dem Sitz auf der anderen Seite des geschlossenen Sarkophags Platz genommen hatte.

Angst?“, fragte Scobee, die ihren Blick kurz aus der Holosäule löste, in der verschiedene Fenster unterschiedliche Bereiche des Schiffes zeigten – wo jetzt Menschen wie aus dem Nichts materialisierten, immer mehr.

Angst? Wovor?“, kam es knisternd zurück.

Bisher waren wir eine sehr überschaubare elitäre Gemeinschaft“, sagte sie. „Das wird sich nun nachhaltig ändern. Wir alle müssen mit der neuen Situation umgehen lernen.“

Ich halte mich für anpassungsfähig“, erklärte Cy. Seine Augenknospen zitterten leicht.

Das wollte ich dir auch nicht absprechen. Dennoch wird sich für uns alle einiges ändern. Wir werden erheblich mehr soziale Kontakte haben als seit einer kleinen Ewigkeit. Wer sich darauf einlässt, wird seinen Gewinn daraus ziehen – aber nur, wenn er sich seine Toleranz bewahrt.“

Auch damit werde ich die wenigsten Probleme haben“, seufzte Cy. „Ich bin seit jeher darauf angewiesen, dass ich von anderen toleriert werde – weil ich mich in meinem Äußeren extrem von den meisten anderen hier an Bord und unterwegs unterscheide. Das lehrt eigene Toleranz.“

Schön. Ich wollte es nur angesprochen haben.“

Und du hast es schön ausgeführt“, lobte eine sonore Stimme von links. Dort saß Jelto, gleich neben Aylea, der Jüngsten der Stammbesatzung. Seine schockgrünen Augen blitzten. „Im übrigen gehe ich mit Cy durchaus konform – auch ich frage mich, ob es klug war, diese von Kargor diktierte ... Menschenschwemme an Bord zuzulassen.“

Hinter KargorsAngebot“, fühlte Scobee sich bemüßigt, Partei für den Bractonen zu ergreifen, „steht meines Erachtens das ehrliche Bemühen um Hilfsbereitschaft. Wir hätten es ablehnen können, neue Besatzungsmitglieder aufzunehmen – ich bin sicher, er hätte es akzeptiert.“

Mich wundert lediglich“, griff nun auch der spindeldürre Algorian in das Gespräch ein, „dass John so überstürzt eingewilligt hat. Meines Wissens hat er nicht einmal Referenzen des potenziellen Mannschaftszuwachses verlangt, ehe er den Zutritt erlaubte.“

Offenbar vertraut er Kargor ... oder den Bractonen generell. Was ich befürworte“, sagte Scobee. „Dies hier ist zuallererst und vorrangig eine einzigartigeGelegenheit. Wer weiß, wann uns jemals wieder die Chance geboten wird, derart viele Menschen für unsere Art zu leben zu begeistern, wie es hier der Fall ist.“

Offenbar wurden sie seit Jahren auf diesen Moment vorbereitet“, warf Aylea ein. Wer die blonde Elfjährige mit den Zöpfen kannte, wusste ihren Gesichtsausdruck zu deuten: Sie war ebenfalls hin- und hergerissen in ihrer Bewertung dieser beispiellosen Situation.

Ja, das wurde uns von Kargor inzwischen bestätigt“, sagte Scobee. „Er selbst hat entsprechende Vorbereitungen getroffen und Maßnahmen verankert, die auf die Stunde X vorbereiteten.“

Die Stunde X war demnach unsere Ankunft im Angksystem – wohin Kargor mit seiner Tridentischen Kugel Prosper, Sarah und all die anderen vor Jahrzehntausenden absetzte. Und wo sie sich seither fortpflanzten, bis hin zur heutigen Population“, beteiligte sich erstmals Jarvis an dem Gespräch. Seine Maske vermittelte die Illusion eines lebendigen Menschen, der da zwischen seinen Freunden saß. Tatsächlich war er ein Wesen geworden, das von seiner Umgebung vielleicht noch mehr Toleranz abverlangte als der schon extrem fremdartige Cy.

Aber wie sind die Neuankömmlinge zu verstehen?“, fragte Algorian, der den Eindruck vermittelte, als versinke er mehr und mehr in einer Trance. Vielleicht versuchte er gerade, die Gedanken von ersten Neumitgliedern zu espern. „Als echter Mannschaftszuwachs – oder einfach als ‚Gesellschafter’?“

Ich denke, das ergibt sich mit der Zeit von selbst“, bekundete Scobee ihre ehrliche Überzeugung. „Sie werden sich erst einmal häuslich einrichten und mit uns auseinander setzen – so wie wir uns mit ihnen auseinander setzen werden.“

Aber dir ist schon bewusst“, meldete sich Cy abermals, „dass mit ihnen die Verantwortung der Schiffsführung eklatant ansteigt?“

Durchaus.“

Ist es auch John klar, was für eine Bürde er sich – und uns – auflädt?“

Ich glaube, du kennst die Antwort auf deine Frage selbst“, erwiderte Scobee und blickte erneut zu dem geschlossenen Sarkophaggehäuse, in dem – anders als der Name suggerierte – kein Toter, sondern ein höchst Lebendiger ruhte.

Cy raschelte. Danach schwieg er.

Kurze Zeit später war der Transfer an Menschengut abgeschlossen.

Die RUBIKON löste sich vom Knotenpunkt – und John Clouds Geist von den stählernen Gebeinen des Schiffes.



Was dagegen, wenn wir dich begleiten?“

Cloud war bereits auf dem Weg zum...