Dienstag
Erstes Kapitel
Die nächste Überraschung ist um 5.55 Uhr fällig. Veigl schläft noch, und das nicht allein. Gut, dass es bei der Kripo nicht herumkommt, mit wem er sein Bett teilt. Dass ein gestandenes Mannsbild keinen anderen Schlafgefährten als den Hund weiß, das wär’ ein Witz, da hätten sie lange zu wiehern.
Mit dem Hund ist das so: Sein Platz wäre bei den Füßen. Schlafengegangen wird auch so. Der Hund unten. Wacht Veigl auf, liegt der Hund oben; der Länge nach hin geschmiegt an die weiche Flanke seines Herrn. Und dann schaut er recht frech.
Fünf Uhr fünfundfünfzig - Telefon!
Der Hund fährt aus dem Schlaf und kläfft empört.
Ein »Hallo« von Veigl, das auch keine Einladung ist.
Brettschneider ist am Apparat.
»Sind Sie des Teufels?«
Die Meldung Brettschneiders kommt aus einem Raum voller Lärm und besteht aus einem ganzen Paket.
Brettschneider hat vor dem Schwabinger Haus, das ihn nicht ruhen ließ, bei einer nächtlichen Erkundung eine Person festgenommen. Grund: Trunkenheit am Steuer und Tätlichkeit. Die Person hatte parkende Autos gerammt, statt eines Ausweises dem Hilfspolizisten, der Brettschneider begleitete, einen Haken gegeben, dass er zu Boden ging, dann auch ihm selbst eine zu knallen versucht, und bei dieser Person - eine Frau im übrigen - wurden sensationelle Funde gemacht: a) besitzt sie einen Schafwolljanker, b) die gesuchte Blutgruppe, c) kein Alibi für Sonntagnacht, d) wohnt sie in jenem Haus.
»Was is’ das?« Veigl klaubt mit seinem schlafdicken Kopf erst mal auseinander. »Eine Frau...?«
»Aber was für ein Apparat! Gardemaß«, schildert Brettschneider. »Die im Hintergrund Rabatz macht, das is’ sie. Eins Komma acht Promille. Blutentnahme nur mit Gewalt! Heißt Mathilde Jahn und is’Masseuse von Beruf.«
»Und was hat die: einen Janker?«
»Hinten drin in ihrem vergammelten Auto«, berichtet Brettschneider, »ich denk’, ich seh’ nicht recht, liegt ein Strickjanker, naturfarbene Schafwolle.«
Veigl gibt Schlaftrunkenes von sich und räumt seinen wieder entschlummerten Hund soweit beiseite, dass er sich auf den Bettrand setzen und nach den Pantoffeln angeln kann. »Wieso kein Alibi?«, raunzt er.
»Sie hat keins. War auf Sauftour, sagt sie. Mit einerClique. Keine Namen, keine Erinnerung.«
»Jetzt is’ sie auch besoffen?«
»Eins Komma acht, Sie hören sie.«
Veigl wird wach. »Dann dürfen Sie sie nicht vernehmen, sie ist nicht vernehmungsfähig.«
»Vernommen«, berichtigt Brettschneider, »hab’ ich sie nicht. Es war ein Gespräch. Und dass die nicht zurechnungsfähig wär’ - das ist eine trainierte, ausgepichte Saufschwester! Die weiß recht gut, was sie sagt.«
»Trotzdem dürfen Sie sie nicht vernehmen.«
»Tu ich ja nicht. Erst mal kommt sie zur Ausnüchterung. Aber Chef« - Brettschneider fleht fast -, »das sind Indizien! Ich ruf’ Sie doch nicht umsonst so früh an. Wir brauchen dringend einen Haftbefehl.«