: Klaus-Peter Wolf
: Rupert undercover - Ostfriesische Jagd Der neue Auftrag. Band 2. Kriminalroman
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104911946
: Rupert
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der zweite Auftrag für Hauptkommissar Rupert als Undercover-Agent, dem beliebten Kollegen von Ostfrieslands berühmtester Kommissarin Ann Kathrin Klaasen von Nummer-1-Bestsellerautor Klaus-Peter Wolf. Kriminaldirektorin Liane Brennecke hätte eigentlich Angst um ihr Leben haben müssen, aber dem war nicht so. Sie betrachtete sich im Spiegel. Sie war sich selbst fremd geworden. In diesem Folterkeller war etwas mit ihr geschehen. Etwas war aus dem Körpergefängnis geflohen und hatte sich in Sicherheit gebracht. Ein Seelenanteil von ihr war entkommen. Sie sorgte sich um ihre geistige Gesundheit. War sie kurz davor, verrückt zu werden, oder hatte sie diese Schwelle bereits in dem Rattenloch überschritten, in dem er sie gefangen gehalten hatte? Um wieder ganz zu werden, musste sie ihn erledigen. Dazu brauchte sie einen Köder und ein Werkzeug. Nichts und niemand erschien ihr geeigneter als dieser Rupert. (Auszug aus Band 2)

Klaus-Peter Wolf, 1954 in Gelsenkirchen geboren, lebt als freier Schriftsteller in der ostfriesischen Stadt Norden, im selben Viertel wie seine Kommissarin Ann Kathrin Klaasen. Wie sie ist er nach langen Jahren im Ruhrgebiet, im Westerwald und in Köln an die Küste gezogen und Wahl-Ostfriese geworden. Seine Bücher und Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bislang sind seine Bücher in 26 Sprachen übersetzt und über fünfzehn Millionen Mal verkauft worden. Mehr als 60 seiner Drehbücher wurden verfilmt, darunter viele für »Tatort« und »Polizeiruf 110«. Der Autor ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.Die Romane seiner Serie mit Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen stehen regelmäßig mehrere Wochen auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste, derzeit werden mehrere Bücher der Serie prominent fürs ZDF verfilmt und begeistern Millionen von Zuschauern.

George hieß eigentlich Wilhelm Klempmann. Er wurde Willi gerufen. Aber vor einem Willi Klempmann hatten die Leute vielleicht Respekt. Angst hatten sie vor einem, der so hieß, nicht.

Als Gangsterboss lebte er aber davon, dass man ihn fürchtete. George klang irgendwie geheimnisvoll, fand er. Manche sprachen den Namen deutsch aus, mit»e« am Ende, wie beiGötz George. Früher hatte er sie dann selbst korrigiert, jetzt taten das seine persönliche Assistentin oder sein Bodyguard.

Die meisten Menschen wurden schon, bevor sie auf ihn trafen, von Mitarbeitern darauf hingewiesen, dass sein Name englisch ausgesprochen werde, wie beiGeorge Clooney. Er selbst sah nicht gerade aus wie der erwähnte Filmstar, sondern eher wie der FußballfunktionärReiner Calmund – vor seiner Diät.

Früher war George als Boxer recht erfolgreich gewesen. Jetzt hätte er als Sumoringer eine gute Figur gemacht, aber Sport war nicht mehr sein Ding. Zumindest nicht aktiv. Er träumte immer davon, einen Boxstall zu leiten und einen Champion zu trainieren.

Jetzt weinte er. Ja, er weinte tatsächlich. Richtige, echte Tränen flossen über sein aufgedunsenes Gesicht bis hin zu seinen Lippen.

Carl und Heiner waren tot. Er hatte sie geliebt, wie andere Menschen ihre eigenen Kinder lieben. Hatte ihnen eine Chance gegeben. Eine Zukunft.

Frederico Müller-Gonzáles, auchDer Kronprinz genannt, hatte sie auf dem Gewissen. Im Norddeicher Yachthafen, vor demSkipperhuus, waren beide erschossen worden.

Am liebsten hätte er in seiner Trauer das ganze Gebäude in die Luft gesprengt, dabei mochte er es eigentlich. Mehrfach hatte er dort gegessen und den Blick auf die Nordsee und den Hafen genossen. Das Haus war wie ein Schiff gebaut, mit großen Glasfenstern, die, besonders wenn es heftig stürmte oder ein Gewitter tobte, einen unwiderstehlichen Ausblick auf die Naturgewalten ermöglichten.

Er erinnerte sich an den letzten Besuch dort. Heiner und Carl hatten mit ihm Schollen gegessen und dazu viel Bier getrunken. Und jeder drei oder vier eiskalte Aquavit.

Sie waren seine Jungs gewesen. Seine! Treu ergeben. Dankbar. Sie hätten ihn einst beerben sollen. Noch hatten sie nicht das Zeug dazu gehabt. Nicht sein Format. Aber er war geduldig mit ihnen gewesen. Ihre Loyalität war ihm wichtiger als alles andere. Bildung konnte sich jeder Papagei aneignen, der in der Lage war, etwas auswendig zu lernen. Charakter hatte man oder eben nicht.

Jetzt waren die beiden tot, und imSkipperhuus hatte er, als der Regen gegen die Scheiben prasselte, gesagt: »Draußen wütet eine Sturmflut, und wir sitzen hier schön warm und gucken zu.«

Heiner hatte ihm recht gegeben: »Ja, hier sind wir sicher.«

Welch ein Irrtum! Sein lebloser Körper war zwischen Glasscherben auf der Terrasse gefunden worden. Der Terrasse, auf der sie letzten Sommer noch Eis gegessen hatten.

George schwor Rache. Vendetta. Das Wort kreiste in seinem Gehirn. Er musste es alle paar Minuten aussprechen: »Vendetta!« Es hörte sich italienisch furchterregender an als das deutsche WortBlutrache, glaubte er. Er, der keine Fremdsprache wirklich beherrschte, fand Deutsch oft zu spießig oder zu provinziell. Deshalb schmückte er seine Reden gern mit ausländischen Vokabeln.Vendetta wurde jetzt zu seinem Lieblingswort.

Frederico Müller-Gonzáles sollte sterben. Und mit ihm sein ganzer Clan. Auge um Auge. Zahn um Zahn. So sah es der Ehrenkodex vor.

Zunächst wollten Weller und Rupert sich imMittelhaus an der Theke treffen, um die Probleme einzudeichen. Es gab eine Menge zu besprechen und zu klären. Noch wusste keiner von beiden, ob sie sich am Ende weinend als Freunde in den Armen liegen würden oder ob ihnen eine Schlägerei bevorstand.

Mehr als einmal hatten sie sich Rücken an Rücken irgendwo freigekämpft. Jeder den jeweils anderen deckend und füreinander einstehend, waren sie meist ganz gut klargekommen. Doch diesmal w