1. KAPITEL
Die meisten Feuerwehrleute der neunundfünfzigsten Wache schliefen oder sahen sich einen langweiligen Actionfilm an. Drei von ihnen hatten sich um einen wackligen Tisch versammelt, um Karten zu spielen.
„Wie war das noch mal? Schlägt eine Straße einen Flush, oder ist es umgekehrt?“ Die einzige Frau in der Pokerrunde blickte ihre beiden Gegner verunsichert an.
Ethan Basque unterdrückte ein Stöhnen. So ein Anfängerglück! Er legte seine Karten auf den Tisch. „Das ist jetzt auch egal, Priscilla. Du hast schon wieder gewonnen.“
„Nicht so schnell“, schaltete Tony sich ein. „Pris, ein Flush schlägt eine Straße. Willst du setzen?“
Priscilla ordnete ihre Karten und kaute dabei auf der Unterlippe. „Na gut.“ Dann schob sie ihre gesamten Chips in die Mitte des Tisches – und erhöhte den Jackpot damit um ungefähr zwanzig Dollar.
Tony stöhnte. „Vergiss es. Du gewinnst.“
Lächelnd sammelte Priscilla die Chips ein. „Das nächste Mal zeige ich euch, wie man Bridge spielt. Vielleicht habt ihr da eine Chance gegen mich.“
Ethan lachte. „Und danach bringst du uns dazu, Tee zu trinken und uns die Fingernägel zu lackieren.“ Priscilla ignorierte seinen Kommentar.
Im Gegensatz zum Großteil seiner Kollegen genoss Ethan die Anwesenheit einer Frau in der Feuerwache. Er und Tony hatten allen klargemacht, dass jeder Ärger bekam, der sich mit Priscilla anlegte. Deshalb waren sie nicht gerade beliebt bei ihren Kameraden, die sie als Neulinge sowieso nicht akzeptierten.
Tony mischte die Karten. „Diesmal werde ich mein Geld zurückgewinnen.“
„Das bezweifle ich“, gab Priscilla zurück und stapelte ihre Chips ordentlich übereinander.
Plötzlich bereitete das schrille Läuten der Alarmglocke dem Spiel ein Ende. Tony ließ die Karten fallen, und alle drei Feuerwehrleute rannten wortlos zur Rutschstange.
Wie jedes Mal, wenn der Alarm ertönte, zog sich Ethans Magen zusammen. Als neueste Mitglieder der Truppe hatten er und seine beiden Kollegen außer einem brennenden Müllcontainer, einem kleinen Küchenbrand und einem Autounfall noch keinen ernsthaften Einsatz erlebt. Aber er wusste, eines Tages würde sich das harte Training auszahlen und er müsste das Gelernte anwenden. Und deshalb war er stets aufgeregt, wenn sie zu einem Brand gerufen wurden.
Viele der älteren Feuerwehrmänner nahmen die Treppe. Doch die drei Neulinge ließen es sich nicht nehmen, die Stange hinunterzurutschen, um zu den Löschwagen zu gelangen. Die neunundfünfzigste Wache war eine der wenigen in Dallas, in denen diese Stangen weiterhin in Gebrauch waren. Ethan landete mit einem gekonnten Sprung im unteren Stockwerk. Ihm folgten seine Kollegen, die zu unterschiedlichen Fahrzeugen rannten.
Ethan erreichte als Erster den Einsatzwagen. Rasch zog er sich seine feuerfeste Hose an, griff nach seiner Jacke und nahm auf dem Rücksitz Platz. Allen voran rollte die Ambulanz mit Tony an Bord aus der Halle. Tony hatte mehrere Jahre als Sanitäter gearbeitet, bevor er sich bei der Feuerwehr von Dallas beworben hatte. Priscilla befand sich auf einem anderen Wagen, auf dem sie zusammen mit Otis Granger den Schlauch bedienen würde.
Der Rest von Ethans Einheit stieg in das Auto ein. Keiner von ihnen respektierte Ethan. Für sie waren Tony, Priscilla und Ethan unfähige Neulinge. In diesem Punkt gab es keine Kameradschaft in der Truppe.
Bisher jedenfalls nicht.
Ethan war Leutnant Murph McCrae zugeteilt worden. Als Neuzugang gehörte es zu Ethans Aufgaben, möglichst nah an ihm dranzubleiben und von ihm zu lernen. Dagegen hätte Ethan nichts gehabt. Aber leider machte McCrae ihm ständig klar, wie wenig es ihm gefiel, einen Grünschnabel an seiner Seite zu haben. Der Rest der Besatzung bestand aus Captain Eric Campeon, dem Leiter der neunundfünfzigsten Wache, und Bing Tate. Tate war ein widerlicher Kerl: Es machte ihm Spaß, fortwährend Witze über Priscilla zu reißen, um sie zu demütigen.
Als der Wagen losfuhr, bekamen sie über Funk Anweisungen. Mittlerweile ertönte ein zweiter Alarm, der ihnen verdeutlichte, dass es sich um einen Großbrand handelte. Das Feuerwehrauto raste durch die Straßen von Dallas, und Ethans Herz schlug immer schneller. Der Moment war gekommen. Seine Feuerprobe stand kurz bevor.
Die neunundfünfzigste traf nicht als erste Einheit bei dem zweistöckigen Gebäude ein, aus dem schwarze Rauchwolken quollen. Der Captain der einundzwanzigsten Feuerwache hatte die Leitung übernommen. Er hatte bereits eine Strategie zur Bekämpfung des Feuers ausgearbeitet und verteilte Aufgaben. Angeblich befanden sich noch Menschen in dem brennenden Haus.
„Wir gehen hinein!“, rief der Einsatzleiter, woraufhin sich sofort mehrere Helfer mit Schläuchen bewaffnet in Bewegung setzten.
Von seinem Platz neben dem Wagen beobachtete Ethan die F