: Allison Pataki
: Sisi - Kaiserin wider Willen Roman
: Aufbau Verlag
: 9783841228437
: Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe
: 1
: CHF 3.50
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 592
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Der Roman über Sisi - Rebellin ihrer Zeit und große Liebende.

Öste reich, 1853: Ohne darauf vorbereitet zu sein, wird die junge bayerische Prinzessin Sisi Kaiserin am Hof der mächtigen Habsburger, dem Zentrum der politischen Intrige und feudalen Ränkespiele. Die Ehe mit Kaiser Franz Joseph wird aus Liebe geschlossen, und es gelingt der freien, naturverbundenen Frau, die Zuneigung ihres Volkes zu gewinnen. Doch schon bald muss Sisi sich fragen, wie sie die Rolle der Monarchin erfüllen kann, ohne sich selbst zu verlieren - und ohne die Liebe zu Franz Joseph aufs Spiel zu setzen ...

Eine epische Geschichte über Macht, Liebe und eine der spannendsten Epochen der Geschichte Europas.

»Ein wunderbarer Roman über eine missverstandene Herrscherin, der den rebellischen, glamourösen Geist Sisis heraufbeschwört.« C. W. Gortner.



Allison Pataki studierte Anglistik in Yale und arbeitete als Journalistin erfolgreich für die New York Times, ABC News, The Huffington Post u.v.a. sowie für zahlreiche Fernsehsender, bevor sie ihren Kindheitstraum vom Schreiben wahr werden ließ. Heute erscheinen ihre Bücher in mehr als zwölf Ländern und sind New-York-Times-Bestseller. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Familie in New York. Mehr zur Autorin unter www.allisonpataki.com.

Kapitel 2


Ischl August 1853

Je näher sie dem Ziel ihrer Reise kamen, desto verzagter wurde Helene, und als sie die Grenze nach Österreich überquert hatten, fröstelte sie trotz des warmen Sommertags.

Langsam begann ihr Verhalten Sisi zuzusetzen.

»Jeder am Wiener Hof wird dich mögen, Helene«, sagte ihre Mutter. »Aber du musst lächeln.« Auch sie schien Helenes Gebaren beunruhigend zu finden.

Helene starrte wortlos vor sich hin.

»Bald sind wir im Hotel. Da werden wir uns frisch machen und umziehen, bevor wir meine Schwester und den Kaiser treffen«, sprach ihre Mutter betont munter weiter.

Es war für ihre Mutter nicht einfach, gute Laune zu mimen, dachte Sisi. Während der Reise hatte sie unter Migräne gelitten, mitunter so schlimm, dass sie die Augen geschlossen und bei jedem Erdbuckel, über den die Kutsche geholpert war, schmerzhaft das Gesicht verzogen und ihre Schläfen massiert hatte.

Nun musterte sie ihre Töchter abwechselnd, als wollte sie die beiden miteinander vergleichen. Fiel ihr Blick auf Helene, wirkte sie ratlos und schüttelte den Kopf.

Sisi hatte die Reise Spaß gemacht. Sie hatte aus dem Kutschfenster auf die vorbeiziehende Landschaft geschaut, in die frische, würzige Luft geschnuppert, die von draußen hereindrang, die Berge und die hübschen Ortschaften entlang der Strecke bewundert. Ihre Augen glänzten, ihre Wangen waren gerötet, und unentwegt kommentierte sie das, was sie sah. Nun konnte sie es kaum erwarten, ihrer Tante und ihrem Cousin wiederzubegegnen.

Helene schenkte der Landschaft keinen Blick, hatte auf der ganzen Reise kaum einen Bissen zu sich genommen und sich mit fahlem Gesicht immer tiefer in ihr schwarzes Kleid verkrochen.

»Im Hotel legen wir die Trauerkleidung ab«, erklärte ihre Mutter zum hundertsten Mal. Vielleicht hoffte sie, ein farbenfrohes Kleid würde aus Helene die Braut machen, die der Kaiser erwartete.

Sisi blickte weiter aus dem Fenster und lenkte sich von Helenes Trübsinn ab, indem sie sich das Leben in den Häuschen und Bauernhöfen am Wegrand ausmalte. Sie kam zu dem Schluss, dass die Berghirten es wahrscheinlich am besten hatten. Sie verließen die Höfe oder ihre Almhütten in aller Herrgottsfrühe und zogen mit ihren Herden über die grünen Hänge. In ihrem Beutel steckten ein Laib Brot, ein Kanten Käse und ein wenig Wein. Am Mittag ruhten sie sich auf einem sonnenbeschienenen Fleck aus, der blaue Himmel über ihnen so nah, dass man glaubte, ihn anfassen zu können. Und niemand sagte ihnen, was sie zu tun hatten.

»Hier würde es meinem Pferd gefallen«, sagte sie und verspürte einen ersten Hauch Heimweh. »Stundenlang könnte ich mit ihm über diese schönen Wiesen und Felder reiten.« Weder ihre Mutter noch ihre Schwester gab ihr eine Antwort.

»Mama, meinst du, ich kann in Wien reiten?«

»Das weiß ich nicht.« Ihre Mutter lehnte den Kopf gegen die Kutschwand und schloss erneut die Augen. »Wahrscheinlich wirst du zu viel zu tun haben, um reiten zu können. Vergiss nicht, dass du dich mit dem kaiserlichen Hof vertraut machen und jeden von Bedeutung kennenlernen musst. Man wird dir die höfische Etikette beibringen, von der du noch keine Ahnung hast. Die Wiener Hofgesellschaft wird sich kaum für deine Reitkünste interessieren. Stattdessen erwarten sie eine wohlerzogene, kultivierte junge Dame. Das Gleiche gilt für Helene.«

»Wenn ich nicht reiten kann, weiß ich nicht, ob ich es dort aushalte.« Sisi hatte es kaum ausgesprochen, als sie bereits wünschte, sie könnte ihre Worte zurücknehmen.

Die Augen ihrer Mutter flogen auf. »Du wirst das tun, was man von dir verlangt«, sagte sie barsch.

»Entschuldige, Mama«, entgegnete Sisi kleinlaut. Sie hatte ihre Mutter selten so unduldsam wie auf dieser Reise erlebt.

Ihre Mutter seufzte und schloss wieder die Augen.

Nach einer Weile sagte sie: »Es tut mir leid, dass ich so schroff zu dir war. Ich habe einfach Angst, dass … Ich möchte doch nur, dass meine beiden Töchter am Wiener Hof erfolgreich sind.«

Sisi überlegte, ob es dort wirklich ganz anders als in der bayerischen Königsfamilie zugehen konnte, mit der sie vertraut war. Ihre Mutter entstammte dieser Familie schließlich, ebenso wie ihre Schwester, die Erzherzogin Sophie. Sie wünschte, ihre Mutter würde daraus Zuversicht schöpfen und ließe sich ihre Sorge nicht so deutlich anmerken, sie verunsicherte Helene dadurch nur noch mehr. »Natürlich werden wir erfolgreich sein«, sagte sie fest. »Du hast nicht den geringsten Grund, Angst zu haben. Außerdem hast du gesagt, dass Tante Sophie uns helfen wird.«

Ihre Mutter zuckte mit den Schultern. »Ichhoffe jedenfalls, dass sie es tut.«

Sisi verspürte Mitleid mit ihrer Mutter. Sie war so glücklich gewesen, als sie erfahren hatte, dass Helene die Braut von Kaiser Franz Joseph werden würde. Dann hatte sich die Nachricht im bayrischen Königreich herumgesprochen, und scharfe Zungen hatten ihr klargemacht, wie wenig die viel zu frei erzogene Helene –und Sisi erst recht – geeignet seien, am Wiener Hof zu bestehen. Danach hatte ihre Mutter begonnen, die Mädchen für Benimmfehler zu schelten, die sie zuvor anstandslos geduldet hatte. Gleich zu Beginn der Reise hatte Sisi ihren Unmut abbekommen. Da hatte sie dem Kutscher beim Tränken der Pferde geholfen und war mit nassen Flecken auf dem Kleid in die Kutsche zurückgekehrt.

»Lass dir das nicht noch mal einfallen«, herrschte ihre Mutter sie an. »Du bist kein Stallbursche.«

Überhaupt hatte sie ständig Regeln aufgestellt.

Wagt es ja nicht, Tante Sophie Widerworte zu geben!

Am Wiener Hof wird nicht wie ein Pferd durch den Flur galoppiert!

Am Wiener Hof erscheint ihr zum Essen nicht verdreckt wie ein Bauer!

Inzwischen hatte Sisi den Eindruck, dass in der Hochachtung, die ihre Mutter ihrer Schwester entgegenbrachte, eine gehörige Portion Furcht enthalten war. Kurz vor ihrem Aufbruch hatte sie am Studierzimmer ihres Vaters ein Gespräch ihrer Eltern belauscht, da hatte sie denselben Eindruck gehabt.

»Was, wenn Helene und Sisi den Kaiser, ohne es zu wissen kränken? Oder noch schlimmer, wenn sie Sophie kränken? Sie ahnen doch gar nicht, wie streng es am Habsburger Hof zugeht.« Das war die Stimme ihrer Mutter.

»Helene und Sisi sind keine Bauerntrampel, sondern zwei entzückende junge Damen«, hatte ihr Vater geantwortet. »Und sie gehören zu den Wittelsbachern, wenn ich das hinzufügen darf.«

»Aber sie sind gesellschaftlich ungeschliffen. Statt ihnen Benimm- und Tanzunterricht zu geben, haben wir sie reiten, bergsteigen und angeln lassen.« Sisis Mutter, die sonst so großen Wert auf Haltung legte, hatte panisch geklungen und war im Zimmer auf und ab gelaufen. »Außer Possenhofen haben sie noch nicht viel gesehen. Sophie wird das im Handumdrehen erkennen.«

»Das ist doch genau das, was deine Schwester wünscht. Eine Schwiegertochter, die sie nach ihren Vorstellungen formen und gängeln kann. Sie wird Helenes fehlenden Schliff als etwas Vorteilhaftes betrachten.«

Daraufhin schwieg Sisis Mutter eine Weile, bis sie schließlich sagte: »Langsam kommt mir der Verdacht, dass diese Ehe für Helene doch nicht das Richtige sein könnte. Vielleicht haben wir zu sehr an die Aussichten gedacht, die sich unserer Familie durch diese Verbindung bieten, und zu wenig an das Leben, das auf Helene zukommt. Und auf Sisi.«

Als sie ihren Namen hörte, trat Sisi noch einen Schritt näher an die halb geöffnete Tür.

Ihr Vater saß in seinem Sessel am Kamin. Ihre Mutter pilgerte weiterhin auf und ab.

»Ich darf nicht daran denken, welchen Eindruck Sisi am Wiener Hof erwecken wird«, sagte ihre Mutter. »Sie ist fast noch ein Kind, ein ungezähmtes, freiheitsliebendes Kind, das kaum etwas...