KAPITEL 1
Es war ein regnerischer, ungemütlicher Sonntag in Oxford. Ruby hatte sich auf einen Morgen auf dem Flohmarkt gefreut, diesen jedoch schon nach einer halben Stunde wieder verlassen, weil die Verkäufer ihre Waren eingepackt und ihre Stände abgebaut hatten.
Wie schade, dachte Ruby. Sie hatte wirklich gehofft, ein paar Schnäppchen zu machen, gerade weil Flohmärkte bei diesem Wetter nicht allzu gut besucht waren. Aber außer einem Radio für ihren Vater, ein paar Büchern für sich und zwei Vasen für ihren Laden hatte sie nichts ergattert. Trotzdem konnte sie nicht anders, als zu lächeln, als sie die Treppen zu der Wohnung hinaufstieg, die sie mit ihrem Vater teilte. Er würde sich über den quietschgrünen Rundfunkapparat freuen, da war sie sich sicher. Sein alter hatte nämlich den Geist aufgegeben, und er war schon ganz hibbelig, weil er sich die Sportergebnisse nicht anhören konnte.
»Ruby, bist du das?«, hörte sie ihn rufen, als sie die Tür aufschloss und die Wohnung betrat.
»Wer sollte es denn sonst sein?«, rief sie in Richtung Wohnzimmer zurück.
»Ein Einbrecher vielleicht.«
»Ach, Dad, der hätte doch keinen Schlüssel.« Sie schüttelte belustigt den Kopf und befreite sich von der nassen Jacke und den durchweichten Schnürstiefeln.
»Den könnte er dir geklaut haben.«
»Und woher sollte er wissen, wo ich wohne?«
Ihr Vater erschien grinsend in der Wohnzimmertür. »Na, er könnte doch auch deine Brieftasche mit deinem Ausweis geklaut haben.«
Ruby lächelte. »Ich lasse mich schon nicht beklauen, Daddy, keine Angst.« Sie wischte sich das feuchte Haar aus dem Gesicht.
Als sie am frühen Morgen das Haus verlassen hatte, hatte ihr Vater noch geschlafen. »Hast du etwas Schönes gefunden?«, wollte er nun wissen.
Seine grauen Haare standen wild vom Kopf ab, was aber nicht unbedingt daran lag, dass es erst halb neun morgens war. Er sah oft ein wenig zerzaust aus, legte nicht viel Wert auf sein Äußeres, was man an der orangefarbenen Jogginghose und dem blau-weiß gestreiften Hemd erkannte.
»Oh ja. Schau mal, was ich dir mitgebracht habe.« Ruby griff in ihren Baumwollbeutel und holte das Radio hervor. Es hatte ebenfalls ein paar Regentropfen abbekommen, die sie mit dem Blusenärmel abwischte.
Ihr Vater riss ihr das Teil aus der Hand, betrachtete es, hielt es sich näher ans Gesicht und lächelte dann zufrieden.
»Funktioniert das auch?«
Er sah fragend zu ihr herunter. Ruby war mit ihren eins fünfundsiebzig nicht gerade klein, ihr Vater war jedoch noch ein ganzes Stück größer.
»Ja, das tut es. Es sind Batterien drin, du kannst es gleichausprobieren.« Sie zeigte ihm, wo der An/Aus-Schalter war.
Nachdem er probiert, gedrückt, gedreht und endlich seinen Lieblingssender gefunden hatte, ging er mit dem Radio zurück ins Wohnzimmer und setzte sich auf seinen Sessel, auf dem niemand außer ihm sitzen durfte.
Ruby folgte ihm. »Es gefällt dir also, ja?«, fragte sie. Er lächelte nur und nickte. »Das freut mich. Dann mache ich mal Frühstück, bevor