PROLOG
AlsWort für Wort 2004 herauskam, hatte ich nicht vor, eine Fortsetzung zu schreiben. Aber nach vielen Jahren als Dozentin für Kreatives Schreiben und nach zahlreichen Vorträgen auf Autorenkonferenzen habe ich mir gesagt, dass ein Handbuch, in dem ich am Beispiel eines meiner eigenen Romane Schritt für Schritt erkläre, wie ich vorgehe, nützlich sein könnte für alle, die sich für das Schreiben von Romanen interessieren oder dafür, wie ich als Autorin die komplizierte Aufgabe angehe, einen Kriminalroman zu schreiben.
Lassen Sie mich zunächst erklären, wie ich meinen Schreibprozess entwickelt habe.
Nachdem Kate Miciak, die Cheflektorin bei Bantam Books, meinen ersten, noch nicht veröffentlichten Roman gekauft hatte, wartete ich sehnsüchtig auf eine Antwort von ihr. Ich war mit dem Handwerk des Schreibens und mit der Verlagswelt vertraut und wusste, dass fast jeder Roman nur herausgegeben wird, wenn er vorher noch einmal redigiert worden ist. Mein Manuskript mit dem TitelGott schütze dieses Haus stellte also noch nicht die Endfassung dar. Ich wusste jedoch nicht, dass es weit entfernt von einer Endfassung war. Die Antwort, die ich schließlich von Kate nach dreieinhalb Monaten erhielt, war neun Seiten lang und in zweiundzwanzig Abschnitte aufgeteilt. Und die zweiundzwanzig Abschnitte bestanden aus nichts anderem als Fragen. Ich musste mein Manuskript somit noch einmal durchgehen und diese Fragen, so gut es ging, beantworten. Mein Manuskript wuchs dadurch um etwa hundert Seiten an.
Einen solchen Aufwand wollte ich nicht noch einmal betreiben müssen. Deshalb las ich mir Kates Brief noch einmal genau durch, damit ich bei meinem nächsten Roman nicht wieder so viel Arbeit vom Lektorat aufgebrummt bekommen würde. Ich stellte fest, dass es zwei Bereiche gab, auf die sich Kates Fragen hauptsächlich bezogen. Es ging ihr erstens um detailliertere Ortsbeschreibungen und zweitens um eine tiefere Analyse der Figuren.
Ich fragte mich: Wie kann ich in meinem nächsten Roman Orte anschaulicher und plausibler beschreiben? Wie kann ich meine Figuren wahrhaftiger darstellen? Die Antworten auf diese beiden Fragen lieferten mir die ersten beiden Elemente dessen, was ich später als meinen »Prozess« bezeichnete.
Ich begriff, dass ich mir einen Ort, an dem ich eine Handlung spielen lassen wollte, wesentlich genauer ansehen musste. Damals gab es noch kein Internet, ich musste mir also etwas einfallen lassen, wie ich einen Schauplatz für meine Leser lebendig werden lassen konnte. Ich entschloss mich, noch mehr Zeit und Energie auf das Erfassen und Begreifen von Örtlichkeiten zu verwenden, wenn ich in England war, um mir einen Schauplatz für meinen nächsten Roman auszusuchen. Ich würde mir genauere Notizen über jeden einzelnen Ort machen, mehr fotografieren, mich intensiver mit der Flora und der Fauna der Gegend beschäftigen, die für meine Handlung infrage kam, alle sinnlichen Eindrücke aufzeichnen, die ein Ort bei mir auslöste, und wenn nötig Gespräche mit Anwohnern führen. Außerdem würde ich mir Reiseführer und Bücher, Katasterkarten, Straßenkarten und Hunderte Ansichtskarten kaufen. Ich würde mich mit der Architektur und den Baustoffen, der Geologie und der Topografie beschäftigen, die für jedes County, das ich erkundete, typisch waren. Ich würde aufmerksam den Gesprächen um mich herum lauschen. Ich würde die Leute in ihrem Alltag beobachten. Mithilfe all dieser Informationen konnte ich dann den Schauplatz für meinen Roman gestalten, und zwar, bevor ich anfinge zu