: Andreas Winkelmann
: Der Gesang des Blutes
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644496415
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 336
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Es ist im Keller. Und bald kommt es herauf. Die eigenen vier Wände auf dem Land: Für Kristin und Tom geht ein Traum in Erfüllung. Doch die junge Mutter beschleicht von Anfang an ein ungutes Gefühl. Das alte Haus ist ihr unheimlich. Als Tom kurz nach dem Einzug überraschend stirbt, werden Kristins Ängste von Tag zu Tag schlimmer. Sie hört Stimmen, und nachts träumt sie von einer Gestalt, über die man im Dorf spricht: von einem Scherenschleifer, der hier vor langer Zeit eine Frau getötet haben soll. Kristin glaubt, langsam verrückt zu werden. Die Dorfbewohner raten ihr, das neue Heim so schnell wie möglich zu verlassen. Sie entschließt sich zu bleiben ...

In seiner Kindheit und Jugend verschlang Andreas Winkelmann die unheimlichen Geschichten von John Sinclair und Stephen King. Dabei erwachte in ihm der unbändige Wunsch, selbst zu schreiben und andere Menschen in Angst zu versetzen. Heute zählen seine Thriller zu den härtesten und meistgelesenen im deutschsprachigen Raum. In seinen Büchern gelingt es ihm, seine Leserinnen und Leser von der ersten Zeile an in die Handlung hineinzuziehen, um sie dann, gemeinsam mit seinen Figuren in ein düsteres Labyrinth zu stürzen, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt. Die Geschichten sind stets nah an den Lebenswelten seines Publikums angesiedelt und werden in einer klaren, schnörkellosen Sprache erschreckend realistisch erzählt. Der Ort, an dem sie entstehen, könnte ein Schauplatz aus einem seiner Romane sein: der Dachboden eines vierhundert Jahre alten Hauses am Waldesrand in der Nähe von Bremen.

3


Ihr Hals war voller Blut!

Mit dem roten Schal darum sah es so aus, als sei er voller Blut. Hanna Wittmershaus beugte sich vor und blickte in den großen Ankleidespiegel im unteren Flur. Einmal mehr sah sie, was die Schlaflosigkeit aus ihrem Gesicht gemacht hatte. Tief lagen ihre Augen in den Höhlen, und das schlechte Licht der matten Glühbirne verstärkte die blauen Schatten darunter noch. Ebenfalls tief eingegraben zogen sich Runzeln von der Nase und den Augen über die Wangen zum Hals. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über die beiden Falten rechts und links der Mundwinkel. Diese Falten hasste sie am allermeisten; sie verliehen ihr einen bitteren Zug und hatten nichts mit ihrem Alter zu tun. Hanna wusste nur allzu gut, wie sie entstanden waren.

Seit damals, als sie Gerd neben der Kloschüssel gefunden hatte, erstickt an seinem eigenen Erbrochenen, hatten sie sich Jahr für Jahr tiefer eingegraben. Gegen diese Art Falten halfen keine Cremes, dagegen gab es keine Wundermittel – außer vielleicht ausreichend Schlaf, doch den bekam sie nicht. Sie wandte sich von ihrem Spiegelbild ab und wickelte sich den Schal vollends um.

All die Jahre, die vergangen waren, und nun mussten sie sich wieder mit dem Haus beschäftigen. Seit die Merbolds es gekauft