: Heinrich Mann
: Die Jagd nach Liebe
: Books on Demand
: 9783753421209
: 1
: CHF 0.80
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 525
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Jagd nach Liebe ist ein Roman von Heinrich Mann, erschienen 1903.

Luiz Heinrich Mann (1871 - 1950) war ein deutscher Schriftsteller aus der Familie Mann. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann, dessen Popularität seit den 1920er Jahren weiter zunahm und Heinrichs frühere Erfolge noch heute überstrahlt. (aus Wikipedia.org)

Ziele


In Utes rotes Haar stieß ein einzelner Sonnenstrahl einen metallischen Glanz, als sei er ein Dolchstoß. Ute wandte Bella den Rücken. Sie hielt eine Hand auf der Hüfte, streckte die andere weit aus gegen die Dachkammer im kalten Nachmittagslicht und sagte über ihre Schulter hinweg, in den schrägen Winkel hinein, zu dem Totenschädel Nathanael:

»Ziele! ... Um Herrschaft kämpfen, den andern schaden, ihren Haß einatmen, die eigene Persönlichkeit wirken fühlen, Rausch erregen, die Seelen alle zittern sehen: Ziele!«

Darauf drehte sie sich um. Bella blinzelte ihr gelassen zu. Sie ruhte fleischig und gemütlich in ihrem niedrigen Korbstuhl zwischen seidenen Kissen, denen sie glich. Ihr Haar, breit frisiert und blond ohne Glanz, beschattete ihre weiten, weichen Züge und die Nase, die beweglich und zu lang war. Ihr fleischiges Handgelenk hing kraftlos vom Teetisch. Sie fragte:

»Und der gute alte Herr aus Lindau, der dir Rosen geschickt hat, was ist mit dem?«

»Er war neulich im ›Othello‹, und er wollte wieder anfangen. Ich sagte ihm: Ach so, das sind Sie. Ich habe mit Ihnen über Divorçons gesprochen und über die Ehe im allgemeinen, und Sie haben daraus geschlossen, daß Sie mir Rosen schicken dürfen. Das war dumm, aber Sie können nichts dafür. Denn es ist meine Schuld, wenn ich immer vergesse, daß man mit einem jungen Mädchen von einer Sache nicht um der Sache willen redet, sondern wegen des jungen Mädchens. – Und dann hab ich ihn stehen lassen.«

Bella wiegte den Kopf.

»Wer weiß ...«

»Ob er mich nicht geheiratet hätte?«

Ute trat dicht vor die andere hin und sah tief auf sie herab.

»Und du bist Künstlerin?«

Bella murmelte:

»Lieber Gott, ich singe ...«

»Du singst wie aus seidenen Kissen hervor, und so einladend.«

»Wenn du meinst, daß ich singe, um meine Persönlichkeit wirken zu fühlen. Papa kauft mir von seinen Tantiemen Ringe und Kleider, anstatt vernünftigerweise eine Mitgift für mich zurückzulegen.«

»Ach ja ...«

Ute machte zwei ungeduldige Schritte.

»Aber ich spiele, damit sogar noch in Nathanaels leerem Gebein ein Schwindel entsteht! ... Wenn ich denke, ich sollte schließlich das alles erarbeitet haben zugunsten eines einzigen – damit ein einzelner Bürger mich heiratet. Meine ganze Kunst, meine Arbeit, meine gepflegte, mühsam erarbeitete Persönlichkeit einem einzelnen Bürger in