: Trude Teige
: Die Frau, die verschwand Kriminalroman
: Aufbau Verlag
: 9783841216007
: Kajsa Coren
: 1
: CHF 7.20
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 268
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Mörderische Geheimnisse.

D e Journalistin Kajsa hat sich auf eine Insel bei Oslo zurückgezogen, als ein Mann sie aufsucht, um sie auf das Schicksal einer verschwundenen Frau hinzuweisen. Wenig später wird dieser Mann tot aus dem Meer gefischt. Offenbar hat ihn jemand betäubt und ins Wasser geworfen. Kajsas Interesse erwacht. Der Fall, dem sie nachgehen soll, liegt Jahre zurück. Damals ist Julia, eine junge Frau, verschwunden - und nun ist ihre Mutter, eine Psychiaterin, auf die Insel zurückgekehrt ...

Ein Bestseller aus Norwegen - ein packender Roman um verschollene Bilder, eine mysteriöse Klinik und eine junge Frau, die ein Geheimnis hütet.



Trude Teige, Jahrgang 1960, ist eine bekannte Journalistin und gehört zu den erfolgreichsten Kriminalautorinnen Norwegens. Bei atb sind bisher zwei Romane mit Kajsa Coren erscheinen: 'Totensommer' und 'Das Mädchen, das schwieg'.

2
Losvika, 14. März 2016


Kajsa Coren ließ beim Kinderwagen die Bremsen einrasten. Dann hob sie sich den dreieinhalb Jahre alten Sohn Jonas auf die Hüfte, warf sich die Tasche über die Schulter und betrat das Hotel von Losvika.

Warum um alles in der Welt hatte sie sich zu diesem Treffen mit einem Fremden bereiterklärt, der nicht verraten wollte, worüber er mit ihr zu sprechen wünschte, überlegte sie, als sie Jonas auf den Fahrstuhlknopf drücken ließ.

Sie klopfte an die Tür von Nummer 210 und öffnete sie, als eine Stimme »Herein« sagte. Neugier, dachte sie, und: Man kann nie wissen. Es war schon häufiger vorgekommen, dass jemand sich an sie gewandt hatte, ohne gleich einen Grund zu nennen. Einige Male hatte das durchaus zu interessanten Reportagen geführt.

Der Mann stand vor einem der großen Fenster und schaute hinaus auf den Fjord. »Es ist schön hier draußen am Meer«, sagte er, ohne sich umzudrehen.

Er sprach das Wort »schön« auf eine Weise aus, die für sie schwedisch klang, weit hinten im Mund, mit sehr viel Atem.

»Ja, das stimmt allerdings«, sagte sie und blieb abwartend bei der Tür stehen.

Erst jetzt drehte er sich halbwegs um, schaute sie über seine Schulter hinweg an.

»Sie kommen ursprünglich von hier, nicht wahr?«, fragte er in einem Gemisch aus Norwegisch und Schwedisch.

»Ich bin hier geboren, aber wir sind nach Ostnorwegen umgezogen, als ich zehn war. Vor zwei Jahren bin ich mit Mann und Kindern zurückgekehrt.«

Er winkte sie zu sich, reichte ihr die Hand. »Göran Nordin, freut mich. Und wer ist der kleine Knabe?«, fragte er mit Blick zu Jonas, der verlegen sein Gesicht an Kajsas Brust schmiegte.

»Wild und schön«, sagte der Mann dann und wandte sich wieder der Aussicht zu. »Vor allem bei Wind.«

Erst jetzt sah sie, dass sein halbes Gesicht entstellt war. Seine gesamte Stirn, Teile der Nase und die eine Wange waren von rötlichem Narbengewebe bedeckt. Das linke Augenlid hing herab und ließ ihn wehmütig aussehen. Es war schwierig, sein Alter zu schätzen, vielleicht Anfang dreißig. Er war groß, an die eins neunzig. Er hatte sich die Haare abrasiert, bis auf ein knotiges Feld an der Seite, das eine Fortsetzung des Narbengewebes im Gesicht war. Sein Ohr war deformiert, fast aller Knorpel war verschwunden.