: L. J. Shen
: All Saints High - Der Verlorene
: Lyx
: 9783736311992
: All Saints High
: 1
: CHF 8.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 463
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Es ist immer schon Liebe gewesen. Liebe mit vielen Masken, Umwegen und hässlichen Wahrheiten.

Als Lenora Astalis erfährt, dass Vaughn Spencer eines der begehrten Stipendien für die Kunst-Akademie ihres Vaters bekommen hat, sieht sie ihre Chance gekommen: Endlich kann sie sich dafür rächen, dass Vaughn ihr an der All Saints High das Leben zur Hölle gemacht hat. Doch es kommt ganz anders, denn Lenora soll Vaughns Assistentin werden und mit ihm zusammenarbeiten! Je besser sie das Künstler-Genie mit dem eiskalten Blick kennenlernt, desto deutlicher wird, dass sich hinter seiner grausamen Fassade mehr verbirgt als angenommen. Und bald kann Lenora das Prickeln, das sie schon immer in Vaughns Nähe gespürt hat, nicht mehr ignorieren ...

'L. J. Shen schreibt keine Bücher, sie erschafft Kunstwerke, die allesamt eine tiefere Bedeutung haben.'Charlie Books

Band 3 der ALL-SAINTS-HIGH-Reih vonSPIEGEL-Bestseller- utorin L.J. Shen!

DieALL-SA NTS-HIGH-Reihe:

< >1. Die Prinzessin
2. Der Rebell
3. Der Verlorene



L. J. Shen lebt mit ihrem Ehemann, ihrem Sohn und einer faulen Katze in Kalifornien. Wenn sie nicht gerade an ihrem neuesten Roman schreibt, genießt sie gern ein gutes Buch mit einem Glas Wein oder schaut ihre Lieblingsserien auf Netflix. Weitere Informationen unter: www.authorljshen.com

1. Kapitel


Lenora, 12; Vaughn, 13

Lenora

Du hast nichts gesehen, gar nichts.

Er wird nicht kommen, um dich zu holen.

Er hat nicht einmal dein Gesicht gesehen.

Ich zitterte am ganzen Leib, während ich die Szene, deren Zeugin ich gerade geworden war, aus meiner Erinnerung zu löschen versuchte.

Ich schloss fest die Augen, krümmte mich auf der harten Matratze zusammen und begann, nervös hin und her zu schaukeln. Die rostigen Metallfüße des Betts verursachten ein wimmerndes Geräusch, als sie über den Boden schrammten.

Carlisle Castle war mir schon immer irgendwie unheimlich gewesen, aber noch zehn Minuten zuvor hatte ich geglaubt, das läge an den Geistern und nicht an den Schülern.

Nicht an einem dreizehnjährigen Jungen, dessen Gesicht an die SkulpturDerBarberinische Faun erinnerte – es war auf träge Art schön und unglaublich majestätisch.

Es konnteauf keinen Fall an Vaughn Spencer liegen.

Ich war an diesem Ort aufgewachsen und noch nie einem derart beängstigenden Wesen begegnet wie diesem dreisten amerikanischen Jungen.

Es hieß, Carlisle sei eine der Burgen in Großbritannien, in denen es am meisten spukte. In der Anlage, im siebzehnten Jahrhundert auf den Ruinen einer Festung aus dem elften Jahrhundert errichtet, waren anscheinend gleich zwei Geister zu Hause. Der erste war einem Diener erschienen, der vor Jahrzehnten im Keller eingesperrt gewesen war. Er schwor, er habe den Geist von Madame Tindall gesehen, die ihre Fingernägel ins Mauerwerk der Wände grub, um Wasser bettelte und behauptete, sie sei von ihrem Ehemann vergiftet worden. Der zweite Geist – der ihres Ehemannes, Lord Tindall – war nachweislich dabei beobachtet worden, wie er bei Nacht die Gänge unsicher machte und gelegentlich ein schief hängendes Bild geradezurücken versuchte, ohne es auch nur um einen Zentimeter zu bewegen.

Es hieß, Madame Tindall habe in dem Augenblick, in dem ihr klar wurde, dass er sie vergiftet hatte, das Herz des Lords mit einem Steakmesser durchbohrt und selbiges sicherheitshalber noch einmal umgedreht. Der Sage nach wollte ihr Mann das junge Mädchen heiraten, das er nach jahrelanger kinderloser Ehe mit Madame geschwängert hatte. Die Leute schworen, man könne das Messer noch immer in der Brust des Lords sehen. Angeblich klapperte es, wenn er lachte.

Wir waren vor knapp zehn Jahren eingezogen, als Papa die Carlisle Prep, eine renommierte Kunstschule, eröffnet und die talentiertesten Künstler aus ganz Europa eingeladen hatte.

Und alle waren sie gekommen. Schließlich war er der große Edgar Astalis, der Mann, dessen lebensgroße Napoleon-Statue namensDer Kaiser mitten auf den Champs-Elysées stand.

Aber auch sie fürchteten sich vor den Gespenstern, die es gerüchteweise hier gab.

Alles an diesem Ort war gruselig.

Die Burg ragte über einem nebligen Tal in Berkshire auf. Von oben betrachtet erinnerten ihre Umrisse an zwei gekreuzte schwarze Schwerter. Efeu und wilde Rosensträucher rankten sich an den steinernen Mauern des Innenhofs empor und verbargen geheime Pfade, die nachts häufig von den Schüler