1. KAPITEL
»Mrs. Carmody?«
Erschrocken hebt Kathleen den Blick und schaut hinüber zu der blondierten Arzthelferin am Empfang der kieferorthopädischen Praxis.
»Ja?«
»Wir brauchten noch mal Ihre Versicherungskarte.«
Seufzend legt Kathleen die Ausgabe derRosie beiseite – Relikt einer verflossenen Epoche, als es eine Zeitschrift dieses Namens noch gab –, nimmt ihre Handtasche von der Lehne ihres unbequemen Stuhls und windet sich durch das proppenvolle Wartezimmer. Ihr zehnjähriger Sohn Curran, der in sein Gameboy-Spiel vertieft ist, ist der einzige Patient, der ihr nicht hinterher guckt.
Kathleen kramt ihr Kärtchen aus der Handtasche, reicht es der Zahnarzthelferin und wartet, während die Blondine das Ding stirnrunzelnd betrachtet, dann fotokopiert und nochmals die Stirn in Falten legt.
»Neue Krankenversicherung?«, fragt sie.
»Die haben wir schon seit Mai, seit wir hierherkommen.« Ob die neu ist an der Rezeption? Kathleen hat sie vorher noch nie gesehen.
»Keine neue Gruppennummer?«
»Nee.« Kathleen seufzt innerlich. Dauernd das Theater mit den Versicherungen! Mittlerweile ist es ein halbes Jahr her, seit Matt den Job gewechselt hat und sie in den Westen des Bundesstaates New York zogen. Trotzdem gibt es bei jedem Arzt-, Zahnarzt- oder Kieferorthopädentermin Komplikationen.
Die Blondine rollt mit ihrem Drehstuhl zum Computer und bearbeitet, die Versicherungskarte in der Linken, mit der Rechten die Tastatur. Die Festplatte surrt los. »Dauert ein paar Sekunden«, bemerkt die Arzthelferin. »Ich muss nur was kontrollieren, Mrs. … Katie?«
Katie …
Ein Name aus der Vergangenheit. Was nur bedeuten kann, dass die Blondine gleichfalls jemand aus jener Vergangenheit ist, eine Stimme, ein Gesicht.
Nun ist es an Kathleen, die Stirn in Falten zu legen, und zwar auf jene höfliche, seit dem Umzug perfektionierte Weise, ganz so, als wolle sie fragen: Kennen w