: Katharina Maier
: Die großen Literaten der Welt Amerika und Asien
: Edition Erdmann in der marixverlag GmbH
: 9783843802369
: 1
: CHF 6.50
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: Literatur: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Osten und Westen haben den Europäer seit jeher gleichermaßen fasziniert. Und wodurch lässt sich eine Kultur besser verstehen als durch die Werke ihrer großen Dichter und Schriftsteller? Das vorliegende Buch möchte schlaglichtartig sowohl die amerikanische als auch die uns bei weitem ferner liegende asiatische Literatur be- leuchten, indem es deren berühmteste Vertreter vorstellt - von dem großen Inder Kâlidâsa aus dem 4. Jahrhundert bis zum ersten türkischen Nobelpreisträger Orhan Pamuk im Jahr 2006, von Chinas Dichtergott Du Fu bis zur US-Ikone Mark Twain, von der überragenden kanadischen Gegenwartsautorin Margaret Atwood bis zur chilenischen Geisterhaus-Verfasserin Isabel Allende.

M.A. phil. Katharina Maier, geb. 1980, hat Vergleichende Literaturwissenschaften studiert und arbeitet inzwischen als freie Schriftstellerin und Übersetzerin. Ihre Spezialgebiete sind der populäre historische Roman der letzten 25 Jahre, die Literatur der Aufklärung und Goethezeit, europäische und amerikanische Literatur des 19. Jahrhunderts, das neuere irische Drama, die Lyrik des frühen 20. Jahrhunderts und der englische Roman der Postmoderne. Sie ist seit 2005 als Redaktionsassistentin für Anglia, Zeitschrift für Englische Philologie tätig.

DU FU


(712–770)

Vollkommene Symphonie – Der Dichterheilige

Du Fu, der Dichterheilige (Shisheng), ist zusammen mit seinem Zeitgenossen Li Bai oder Li Bo (701–762)1 der bedeutendste Poet der chinesischen Literatur. Er brachte die klassische Dichtung der Tang-Dynastie zu ihrem Höhepunkt und überschritt sie zugleich mit seinen kühnen sprachlichen und thematischen Innovationen, die ihrer Zeit oft Jahrhunderte voraus waren. Er brachte den Alltag in die chinesische Poesie und besticht doch durch seine ungeheure Gelehrsamkeit. Teilnahmsvoll dokumentiert Du Fu das Leiden seines vom Krieg gebeutelten Landes und der eigenen Familie, während er gleichzeitig in den meisten seiner Gedichte den melancholischen Gestus eines ewig Heimatlosen beibehält.

Die Zeit der Tang-Dynastie (618–907) sah die Blüte der klassischen chinesischen Kunst in all ihren Formen, und ihr Höhepunkt fiel in die Lebenszeit von Du Fu und seinem elf Jahre älteren Zeitgenossen Li Bai. Beide großen Dichter müssen fast in einem Atemzug genannt werden, erscheinen sie doch oft wie die zwei Seiten einer Münze: Während Li Bai für seine anarchische Weinseligkeit und seine überbordende Lebensfreude bekannt ist, verkörpert Du Fu den melancholischen Mahner und formstrengen Gelehrten. Diese beliebte (und vereinfachende) Kontrastierung2 darf aber nicht über die tiefe Verbundenheit dieser beiden bedeutendsten chinesischen Dichter hinwegtäuschen, di