2 - CAER LUEL - Rhegeds Festung
Die Festung lag auf einer weiten Ebene, sodass Elayne sie bereits aus der Ferne groß und düster aufragen sehen konnte.
Welch eigentümliche Lage für eine Verteidigung, dachte sie sich. Da die Feste nicht auf einem Hügel lag, wäre der Ansturm für Angreifer einfach. Andererseits wäre jeder Angreifer über Meilen schon sichtbar, da die Ebene um die Mauern herum aus Feldern und Wiesen bestand.
Sie und Liam hatten eine Route entlang des Meeres gewählt, statt durch die Berge und Schluchten gen Osten zur alten Römerstraße zu wandern, die auf direktem Weg von Süden nach Caer Luel führte. Sie hatten die Berge umgangen und stießen erst jetzt auf die Römerstraße. Es war der zweite Tag ihrer Reise und es dämmerte bereits.
Elayne sah Liam an, dass er aufgeregter wurde, je näher sie der Festung kamen. Er redete auch sonst nicht viel, doch wenn er nervös war, wurde er noch stiller.
Sie musterte ihn schmunzelnd, als er auf dem Pferd neben ihr her ritt, Gal vor sich im Sattel haltend. Liam war im letzten Jahr ganz zum Mann geworden. Seine Muskeln hatten sich von der harten Arbeit geformt. Er musste sich jeden Tag rasieren. Schon wurden Kinn und Wangen von Bartstoppeln bedeckt.
»Hast du den Ring?«, fragte sie sicherheitshalber.
Er legte seine Hand an die Stelle des kleinen Beutels, den er an einem Lederband unter seiner Tunika trug. »Natürlich, Herrin. Es war das Erste, was ich einpackte.«
Sie klopfte ihm gegen den Unterschenkel. »Ich sagte dir doch, du kannst mich Elayne nennen.«
»Und ich sagte dir, dass dies nicht angebracht ist.« Er warf ihr einen ernsten Blick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Weg vor ihnen richtete.
Dabei war die Römerstraße weit bequemer als jeder matschige Pfad, den sie bisher hinter sich gebracht hatten. Die Säume ihrer Umhänge waren verdreckt und steif von Matsch. Elaynes Stiefel fühlten sich an, als würden sie nie wieder trocknen.
»Liam, es ist unlogisch. Wir sind gemeinsam aufgewachsen. Du kennst fast so viele meiner Geheimnisse wie Veneva. Du bist wie ein Bruder für mich.« Sie versuchte, einen klumpen Matsch am Wegesrand von ihrem Stiefel zu streifen.
Er bemerkte nicht, dass sie stehen geblieben war. »Nein, es ist nicht angebracht«, sprach er voller Ehrgefühl. »Du bist von hohem Blute, ich nur ein Stallbursche.«
Sie hatte es geschafft, sich des Matschklumpens zu entledigen, und eilte ihm hinterher. »Du bist weit mehr als das, das weißt du auch«, rief sie ihm zu und erst jetzt zügelte er Centenarius.
Sie hatten so viel Zeit gemeinsam auf der Jagd und bei den Pferden verbracht, dass sie jede seiner Körperbewegungen und jedes Zucken seiner Miene deuten konnte.
»Es ist mir gleichgültig, von welchem Blut ich bin. Wir sind gleich. Kein Mensch steht höher als der andere. Kein Mensch ist wertvoller als der andere.«
Liam stieg ab und hob den kleinen Gal vom Pferd. »Das sehe ich anders. Du magst recht haben, dass kein Mensch wertvoller ist als der andere. Dennoch hat jeder Mensch in seinem Leben eine Aufgabe. Deine ist es, anzuführen und zu herrschen. Meine ist es, dir zu dienen. Und wenn nicht ich dich mit Resp