: Nicola Förg
: Frau Mümmelmeier von Atzenhuber erzählt Katzengeschichten
: Emons Verlag
: 9783863585570
: 1
: CHF 8.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 192
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Frau Mümmelmeier von Atzenhuber erzählt wieder; gleich sechs neue Geschichten gibt es zu den bewährten dazu. Und wer es immer noch nicht weiß, dem erklärt sie es geduldig noch einmal: 'Es gibt drei Sorten von uns. Fußwärmer (Menschen halten sie für die angenehmsten) rollen sich adrett auf den Menschenfüßen zusammen. Dann gibt es Kragen, die liegen am liebsten so, dass ein Mensch im Hochsommer das Gefühl hat, 'nen Angorakragen umzuhaben. Und dann gibt es Schlüpfer, die zieht es unter die Decke.' Katzengeschichten einmal anders - von der Katze einer Erfolgsautorin erzählt.

Nicola Förg ist im Oberallgäu geboren und hat in München Germanistik und Geographie studiert. Sie arbeitet als freie Reisejournalistin für namhafte Tageszeitungen, Publikumsmagazine und Fachmagazine, vor allem für solche, die Bergtourismus, Skispaß und Reiterreisen zum Thema haben - und sie gehört zu Deutschlands erfolgreichsten Krimiautorinnen.

KAPITEL 1

Ich bereichere
       deren Leben

GUTEN TAG, MOIN, MOIN, TACH oder wie ihr Menschen euch auch sonst begrüßt. Hier in Bayern heißt das»Grüß Gott«, ich meine in Menschenlatein, wir begrüßen uns ja mit einem Nasenstüber und schnuffeln mal am Popo des Neuankömmlings. Da weiß man gleich, mit wem man es zu tun hat. Solltet ihr Menschen auch machen, das würde euch viele Enttäuschungen ersparen, ihr mit eurer viel besungenen Menschenkenntnis – Katzenkenntnis erreicht ihr Menschen leider nie!

Aber gut, das nur am Rande, ich soll also erzählen? Nun, wir hatten einen schlechten Start da im Stall, aber da gab es Silvi, die Tierärztin, die uns geimpft hat und entwurmt, und Nachbar Franz, der richtiges Katzenfutter ausgegeben hat, und so war der Winter ganz erträglich. Ich meine, solche Durststrecken muss man durchstehen, unsere Mutter hat uns immer eingeschärft: Stil hat man, egal wie die Umstände sind. Ich bin ja eigentlich eine ostpreußische Gräfin, wir mussten flüchtenübers Haff, wir hatten natürlich Personal und haben Trakehner gezüchtet, wir hatten sogar einen zahmen Elch, hat uns Mama ins Ohr geschnurrt. Warum und wieso wir nahe Augsburg gelandet sind, bitte, wen interessiert das schon! Wir Katzen haben einen anderen Zeitbegriff und leben mehrdimensional.

Jedenfalls hielten mich die schlechten Startbedingungen nicht davon ab, schön zu werden. Nicht putzig oder lieb oder süß, wie Menschen dann immer quäken, wenn sie uns sehen. Nein, ich wurde schön, mit edlem Langhaarkleid und perfekt geometrischer Schwarz-Weiß-Zeichnung. Mein Bruder sah auch nichtübel aus, aber plötzlich, auf einmal im Frühjahr, war der Kerl weg. Lag nirgendsüberfahren am Straßenrand, und ich hoffe bis heute inständig, dass er sich einen praktischen Menschen gesucht hat. Merlin, wie die Menschen ihn getauft hatten, der schnurrte ja schon, bevor ein Mensch um die Ecke bog. Aber Merlin war weg, und ich gebe zu, es war einsam ohne ihn, man konnte so schön seinen Schwanz jagen, und als Kopfkissen war er im Stroh auch sehr geeignet. Zu mir sagten sie anfangs»Mim«, und dann driftete mein Name irgendwie lautmalerisch immer mehr in Richtung»Mümmele« ab. Wahrscheinlich weil der Hof nahe bei Augsburg lag, wo man ja gerne mal diesen schwäbischen»le«-Sprachfehler hat.

Also, ich war immer noch auf der Suche nach Merlin, und dann roch es auch so interessant, jedenfalls ich in so einen Schuppen rein, Witterung aufgenommen, und plötzlich fiel die Tür zu. Ich dachte mir noch, das Geräusch kennst du, wenn sich so ein Schlüssel im Schloss umdreht, und ich nahm mal an, dass bald wieder jemand käme. Ichüberschlage in solchen Situationen die Pfoten und warte, Rumschreien kostet nur Energie und ist stillos. Aber es kam lange keiner, sehr lange, die Menschen haben wahrscheinlich gedacht, ich sei ins Silo gefallen oder in der Odelgrube grausam verendet. War ich natürlich nicht, wir haben sieben Leben und notfalls noch ein paar mehr.

Ich musste einen Ausgang finden, und der war zugegeben nicht so gut gewählt, eine Scheibe brach, und ich habe mir ziemlich den Hals zerschnitten. Als ich bei Franz auf der Treppe saß, ist der fast in Ohnmacht gefallen. Gut, ich war dürr wie ein Skelett, nur mein edles Langhaar kaschierte noch das Gerippe. Und den Hals hatte ich komplett zerschnitten, Blut macht auf weißem Haar wirklich dramatische Flecken. Menschen können ja so schlecht Blut sehen.

Silvi kam mit Spritzen und Verbänden, unangenehm, aber wahrscheinlich nötig, und ich gebe zu, ich wurde ein wenig depressiv. Das ist sonst weniger meine Art, und ich wusste, dass sich in meinem Leben etwasändern musste. Dieser Stall war einfach kein Umfeld für eine Katze meiner Couleur.

Nun hatte ich ja bereits einmal einen Ausflug zur Menschin gemacht, indem ich in ihr Auto eingestiegen war. Sie hatte mich auch erst bemerkt, als sie zu Hause war. Sie hat mich – und das war ein-kalkuliert – mit hineingenommen und ihrer Frau Hrdlicka und Frau Bösl vorgestellt. Zwei Karnickel! Sie war nachgerade panisch, ob ich den Karnickeln etwas antue oder die mir. Ich bitte Sie, welche Katze macht sich die Pfoten an diesen kurzohrigen Hopplern dreckig! Ich hab denen gesagt: Friede, Schwestern, denkt an Woodstock, und dann war das Körnerfutter mehr oder wenig gebissen. Die eine klopfte herzhaft auf der Treppe, das machen diese Nager ja gerne, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen, aber das war es auch schon. Doch die Menschin hat mich zurück in den Stall gefahren, dabei fand ich mein Bewerbungsgespräch damals eigentlich sehr gelungen.

Das jedenfalls hatte ich in Erinnerung und dass ich nun doch zu intensiveren Mitteln greifen musste. Ich also mit kugelrunden Augen den Trauerkloß gegeben, und als Franz ein Fest ausric