Vorwort
Wie oft habe ich versucht, dieses Buch zu schreiben? Wie oft saß ich davor, ohne einen Finger bewegt zu haben, weil meine Gedanken Karussell fuhren und ich anstatt zu schreiben in ein grenzenloses graues Meer voller Gedanken fiel, während ich eine Zigarette nach der anderen qualmte und mir meine feuchten Hände an meiner Hose trocken rieb? Wie oft habe ich das Geschriebene wieder gelöscht, weil ich meinte, nicht die richtigen Worte gefunden zu haben? Wie oft habe ich, kurz nachdem ich angefangen habe zu schreiben, wieder aufgehört, weil meine Erinnerungen mich quälten und ich diese lieber verdrängen wollte? Wie oft nur? Ich weiß es nicht. Doch eines weiß ich: jedes Mal, als ich einen Anfang gefunden hatte zu schreiben, steckte ein endloser, schmerzvoller und nach Hilfe rufender Schrei in meinem Hals. Ich wollte mich nicht erinnern!
Zwar schwirren mir seit meiner Kindheit an jeden Tag, bis ich eingeschlafen bin, Gedanken durch den Kopf, doch es sind „nur“ Gedanken und keine Erinnerungen, die doch so viel tiefer und intensiver sein können, vor allem, wenn man diese aufschreibt und dafür sein ganzes Leben zurückblicken muss und es offenbart.
Früher hätte ich mir sonst was eingeworfen, um mein Leid für ein paar Stunden zu verdrängen. Einmal nahm ich Acid, an der Grenze zur Überdosisund ließ ich mir, während ich auf Droge war, Badewasser ein, um vollbekleidet ein kaltes Bad zunehmen. Durch die Drogedurchlebte ich an diesem Tag fürchterliche Albträume. SchizophreneVerzweiflungen. „Nur für ein paar Stunden“.
Im Frühjahr 2006 fing ich nach und nach an, mein Leben in einem Buch als kleine Autobiografie zu verfassen. Nein, ich habe dieses Buch nicht geschrieben, um mich zu bereichern, auch wenn es in der heutigen Zeit fast jeder macht, der im Showgeschäft ist, oder, wenn dieser Jemand nur für eine kurze Zeit „Hallo“ in der Öffentlichkeit gesagt hat und meint, er muss jetzt ein Buch schreiben, um noch eben schnell und leicht an Geld zu kommen, bevor man ihn wieder vergisst.
Bei insgesamt 40 Millionen verkauften Alben denke ich, dass ich nicht verhungern werde und weiterhin ein Dach über den Kopf haben werde.
Bevor ich anfing zu schreiben, wusste ich nicht genau, wie ich das Geschriebene zu verstehen geben soll. Eher mit offenen Worten oder besser fein umschrieben und trotzdem auf den Punkt gebracht? Ich habe mich für offene Worte entschieden, denn fein Umschreiben ist nicht die Wahrheit. Schließlich soll jeder, der dieses liest, mein Schicksal, meine Qual, meine Sehnsucht, meine Gedanken, mein „Ich“ und meinen Schmerz verstehen und vielleicht auch mitfühlen. Ich weiß, da lege ich meine Hand für ins Feuer, dass es Millionen meines Gleichen da draußen gibt, die innerlich von Sehnsucht regelrecht zerfressen werden.
Depressionen wurden meine Feinde – die Furcht wurde mein bester Freund – Hass war meine Liebe – und der Zorn wurde mein Feuer, der mich immer wieder antrieb. Den Schmerz aus meiner Jugend und das Geheimnis meiner Vernachlässigung wollte ich offenbaren und beschloss, im Jahre 2013, mein Leben in Songs zu verfassen. Schließlich, nach fast einem Jahr Ausarbeitung unseres Konzept-Albums und Studioarbeit, war es endlich vollbracht. Aus den Lautsprechern des Studios, über denen wir immerwährend den Aufnahmen mit dem Toningenieur kommunizierten, rief jemand, ichglaube, es warRosko, „das Baby ist fertig“. Erschöpft und mit einem Wirbelwind der Gefühle ging ich in einen fensterlosen Nebenraum des Tonstudios, der eine Art Ruheraum war, auch wenn wir uns dort ab und an alles andere als entspannten oder uns ruhig verhielten. Dieser Raum war eigentlich für alles da. In dem wir über unsere Songs diskutierten, um einige Passagen zu verä