KAPITEL 1
EMILIA
Meine Großmutter sagte mir einmal, dass Liebe und Hass ein und dasselbe Gefühl seien, nur unter verschiedenen Vorzeichen erlebt. Bei beiden empfindet man Leidenschaft. Und Schmerz. Diese merkwürdige Empfindung, die sich wie Champagnerbläschen in der Brust anfühlt? Dito. Ich glaubte ihr nicht – bis ich Baron Spencer traf und er zu meinem Albtraum wurde.
Dann verwandelte sich mein Albtraum in meine Realität.
Ich dachte, ich wäre ihm entkommen. War sogar dumm genug, mir einzureden, er habe vergessen, dass ich überhaupt existierte.
Als er dann zurückkehrte, war er härter, als ich jemals für möglich gehalten hätte. Und ich fiel um wie ein Dominostein.
Zehn Jahre zuvor
Ich hatte das Herrenhaus erst einmal betreten, kurz nachdem ich mit meiner Familie nach Todos Santos gezogen war. Das lag zwei Monate zurück. Damals stand ich wie festgewurzelt auf genau diesem Eisenholzboden, der nirgendwo knarrte.
Bei jenem ersten Besuch hatte meine Mutter mich mit dem Ellbogen in die Rippen gestoßen. »Wusstest du, dass das der härteste Fußboden auf der Welt ist?«
Sie ließ dabei unerwähnt, dass er dem Mann mit dem härtesten Herzen auf der Welt gehörte.
Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wieso wohlhabende Leute ihre Kohle für ein derart deprimierendes Haus verschwenden sollten. Zehn Schlafzimmer. Dreizehn Bäder. Ein Fitnessstudio und ein dramatischer Treppenaufgang. Die beste Ausstattung, die für Geld zu haben war … und bis auf den Tennisplatz und den zwanzig Meter langen Pool alles in Schwarz gehalten.
Sobald man durch die große, eisenbeschlagene Tür trat, erstickte Schwarz jedes positive Gefühl, das man bis dahin empfunden haben mochte. Den kalten, leblosen Farben und den mächtigen, metallenen Kronleuchtern, die von der Decke hingen, nach zu urteilen, hatte hier ein mittelalterlicher Vampir als Innenarchitekt fungiert. Sogar der Fußboden war so dunkel, dass es mir vorkam, als schwebte ich über einem Abgrund, um im nächsten Augenblick ins Nichts zu stürzen.
Ein Haus mit zehn Schlafzimmern und drei Bewohnern – von denen zwei kaum je da waren –, und dennoch hatten die Spencers beschlossen, mich und meine Familie in der Dienstbotenwohnung neben der Garage einzuquartieren. Obwohl sie größer war als unsere Bruchbude in Richmond, Virginia, hatte es mich genervt.
Jetzt tat es das nicht mehr.
Alles am Anwesen der Spencers war dafür konzipiert einzuschüchtern. Sie waren stinkreich und doch in vielerlei Hinsicht arm.Hier wohnen keine glücklichen Leute, dachte ich bei mir.
Ich starrte auf meine Schuhe – ramponierte weiße Vans, auf die ich farbige Blumen gemalt hatte, um zu vertuschen, dass es Imitate waren – und schl