InhaltsverzeichnisKapitel 38
Es war Zeit für Niklas Winnerman, seine Version darzustellen.
Nora lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Auch wenn der Verteidiger die Situation anders beschreiben würde, war sie es, die die Agenda bestimmt hatte.
Die verschiedenen Phasen einer Hauptverhandlung waren in der Strafprozessordnung genau festgelegt, wie bei einem klassischen Schauspiel in fünf Akten. Auf den Vortrag der Anklage durch den Staatsanwalt folgten die Erwiderung der Verteidigung, die Beweisaufnahme mit der Aussage der Parteien und Zeugen, die Schlussplädoyers und schließlich der Urteilsspruch.
Wie erwartet hatten Niklas Winnerman und Bertil Svensson ihre Schuld nicht eingestanden. Nun würden sie die Gelegenheit erhalten, sich unter Anleitung ihrer Verteidiger im bestmöglichen Licht darzustellen.
Jacob Emilsson hatte bereits begonnen, sich warmzulaufen.
Barbro Wikingsson erteilte ihm das Wort.
»Niklas«, begann Emilsson. »Wie ist es zu alldem gekommen?«
Die Frage war rein rhetorisch.
»Ich denke, wir gehen an den Anfang der Geschichte zurück, Niklas, damit wir ein vollständiges Bild des Handlungsverlaufs erhalten.«
Jacob Emilsson lächelte zum Richtertisch.
»Die Staatsanwältin hat Sie als hinterlistigen Geschäftsmann dargestellt, der sich bereichern wollte. Deshalb finde ich, dass Sie, Niklas, uns jetzt erzählen sollten, was wirklich passiert ist.«
Er hatte Winnerman dreimal innerhalb von sechzig Sekunden beim Vornamen genannt. In Noras Ohren klang das wie ein schlechter Abklatsch amerikanischer Gerichtssitten, aber für gewöhnlich wusste Emilsson, was er tat.
»Wann haben Sie begonnen, über dieses Geschäft nachzudenken, Niklas?«, fragte Jacob Emilsson und nannte wieder den Vornamen.
Niklas Winnerman hob den Kopf, sodass die große Schürfwunde unter seinem Kinn deutlich sichtbar wurde. Er schien sich immer noch unwohl zu fühlen und saß steif auf seinem Stuhl.
»Das war im Dezember 2012. Ich wurde von Vertretern der Firma Druvan kontaktiert, die eine Option auf ein sehr attraktives Bebauungsrecht besaß. Ich wusste sofort, dass unser Unternehmen es optimal würde nutzen können.«
»Wie funktioniert so ein Bebauungsrecht in der Praxis? Können Sie uns Branchenfremden das erklären?«
»Es nennt sich Bebauungsrecht, ist aber eher eine Flächenzuteilung. Eine Art Übereinkunft zwischen einer Kommune und einem Bauträger, die das Exklusivrecht beinhaltet, innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens ein kommunales Grundstück zu bebauen.«
»Wie wird der Wert eines solchen Bebauungsrechts ermittelt?«
»Durch eine ganze Reihe von Faktoren. Wo das Grundstück liegt, rein geografisch gesehen, welche Infrastruktur vorhanden ist, ob Geschäfte in der Nähe sind.«
»Also wäre ein Bebauungsrecht in der Kommune Solna, unweit der Stockholmer Innenstadt, wertvoller als eins in, sagen wir, Lappland?«
»Das ist richtig.«
»Wie konnten Sie den Wert gerade dieses Bebauungsrechts bestimmen?«, fragte Emilsson.
»Ich habe es mit ähnlichen Objekten verglichen. Wir arbeiteten bereits mit anderen Kommunen rund um Stockholm zusammen. Da war es nicht schwer, ein angemessenes Preisniveau zu ermitteln.«
Emilsson schafft es, der Befragung den Anstrich eines ganz normalen Gesprächs zu geben, dachte Nora. Aber jedes Mal, wenn er eine Frage an Winnerman richtete, brachte er neue Informationen darin unter.
»Im konkreten Fall einigten Sie sich auf einen Betrag von zehn Millionen Kronen, wie haben Sie den begründet?«
»Das war ein guter Preis, da die Laufzeit fast fünf Jahre betrug. Das gab uns genügend Zeit, das Projekt zu entwickeln. Wir hatten geplant, Eigentumswohnungen zu bauen. Wohnungen in Stockholm sind Mangelware, es hätte sich richtig gelohn