Kapitel 1
Messer. Gabeln. Löffel.
Genau in dieser Reihenfolge.
Britt-Marie gehört sicher nicht zu denen, die andere verurteilen, bestimmt nicht, doch welcher zivilisierte Mensch käme auf die Idee, das Besteck in der Küchenschublade in einer anderen Reihenfolge zu sortieren? Britt-Marie verurteilt niemanden, bestimmt nicht, aber wir sind doch schließlich keine Tiere!
Es ist ein Montag im Januar. Britt-Marie sitzt vor einem kleinen Schreibtisch in einem kleinen Büro im Arbeitsamt. Das hat natürlich nichts mit Besteck zu tun, doch es ist ein Zeichen dafür, dass alles schiefgelaufen ist. Das Besteck soll einfach ganz normal in der Schublade liegen, denn das Leben soll auch einfach nur normal sein. Normale Leben sind vorzeigbar, da putzt man die Küche, man hat seinen Balkon und kümmert sich um die Kinder. Und das macht viel mehr Arbeit, als man denkt. Also, der Balkon.
In normalen Leben sitzt man wirklich nicht im Arbeitsamt.
Die junge Frau, die hier arbeitet, trägt eine Kurzhaarfrisur wie ein Mann. Nicht dass dagegen etwas einzuwenden wäre, selbstverständlich nicht. Britt-Marie hat keine Vorurteile. Vermutlich ist das gerade modern, ja sicherlich. Die junge Frau zeigt auf ein Formular und lächelt, als habe sie es eilig.
»Tragen Sie hier bitte Ihren Namen, Ihre Personalausweisnummer und Ihren Wohnort ein!«
Britt-Marie muss registriert werden. Als wäre sie kriminell. Als wäre sie gekommen, um der Jobvermittlung die Arbeit zu stehlen.
»Milch und Zucker?«, fragt die junge Frau im nächsten Moment und reicht ihr einen Kaffee in einem Plastikbecher.
Britt-Marie verurteilt niemanden, das tut sie wirklich nicht, aber wer macht denn so etwas? Kaffee in Plastikbechern! Befinden wir uns im Krieg? Britt-Marie würde die junge Frau gern fragen, doch da sie von Kent immer ermahnt wird, sich etwas »sozialer« zu verhalten, lächelt sie stattdessen diplomatisch und wartet darauf, einen Untersetzer angeboten zu bekommen.
Kent ist Britt-Maries Mann. Er ist Unternehmer. Unglaublich, wirklich unglaublich erfolgreich. Macht Geschäfte mit Deutschland und ist sehr, sehr sozialkompetent. Die junge Frau hält ihr zwei Einwegverpackungen mit Milch hin, solche, die man nicht im Kühlschrank aufbewahren muss. Dann schiebt sie ihr einen Plastikbecher voller Plastiklöffel herüber. Britt-Marie könnte nicht entsetzter dreinschauen, wenn sie ihr eine Giftschlange hingelegt hätte.
»Weder Milch noch Zucker?«, fragt die junge Frau verständnislos.
Britt-Marie schüttelt den Kopf und streicht mit ihrer Hand über den Schreibtisch, als sei er voller unsichtbarer Krümel. Überall liegen Unterlagen, kreuz und quer. Zum Aufräumen hat die junge Frau natürlich keine Zeit, sie ist wahrscheinlich zu sehr mit ihrer Karriere beschäftigt, denkt Britt-Marie.
»Okay, tragen Sie hier einfach Ihre Anschrift ein!