EINS
Alles war möglich nach dem Abitur. Weltreise, Work and Travel, Au-pair, FSJ, Umzug in die Unistadt, zum ersten Mal alleine wohnen, zum ersten Mal leben. Einen Sommer lang an Fließbändern irgendwelcher Firmen stehen, großes Geld für große Pläne. Oder unbezahlt auf einer Intensivstation im Krankenhaus arbeiten, so wie ich. Weil es mit dem Medizinstudium nicht geklappt hatte wie geplant. Es war ernüchternd, wenn man begriff, dass es dort draußen niemanden interessierte, wie sehr man etwas wollte. Da warst du keine Person, sondern nur deine Abiturnote, entweder sie war gut genug oder eben nicht. Träume starben, Menschen auch. Einfach so. Einfach so …
Unter der Woche klingelte mein Wecker, bevor die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont kletterten. Früh also. Wir hatten September, es dämmerte bereits um kurz nach sechs. Sehr, sehr früh.
Manchmal war ich um diese Zeit gleichzeitig online wie Ella und Henning, die von Partys kamen, die ich am Abend zuvor spätestens gegen elf verlassen hatte. Aufstehen um vier Uhr fünfundvierzig war keine schöne Sache. Erst recht nicht, wenn meine Freunde währenddessen den Sommer nach dem Abschluss