: Joan Aiken
: Stimmen in einem leeren Haus
: Diogenes
: 9783257612615
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 432
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der herzkranke Gabriel will nicht mehr leben und haut von zu Hause ab. Seine herrschsüchtige Mutter und sein Stiefvater machen sich aus unterschiedlichen Beweggründen auf die Suche nach ihm. Immerhin hätte der sechzehnjährige Gabriel bei seiner Volljährigkeit eine große Erbschaft zu machen. Und wenn er gar nicht freiwillig verschwunden wäre? Ein Erpresser meldet sich...

Joan Aiken, Tochter des amerikanischen Lyrikers Conrad Aiken und seiner kanadischen Frau, wurde 1924 in Sussex geboren. Ihre ersten Gedichte und Schauergeschichten schrieb sie im Alter von fünf Jahren. Sie wurde Verfasserin zahlreicher historischer Romane, moderner Thriller und vieler Kinderbücher. Joan Aiken starb 2004 in Petworth, West Sussex.

Kaum war ihm aufgegangen, daß er schon wieder sein Gedächtnis verloren hatte, verspürte der Mann im Taxi den gewohnten fiebrigen Angstschweiß, der an den Füßen begann und sich unkontrollierbar den ganzen Körper hinaufzog, bis er irgendwo oberhalb des Haaransatzes endete. Den gewohnten? Ja, er war sicher, daß es sich keineswegs um eine neue Erfahrung handelte. Sie kam ihm vertraut vor wie ein nicht lange zurückliegender Vorfall; dergleichen mußte sich häufig auch früher schon zugetragen haben.

Das wird aber ganz schön mühsam werden, in diesem Tempo durchs Leben zu zockeln, dachte er und lockerte seine ineinandergekrampften Finger – sie waren äußerst empfindlich und sandten zur Vorwarnung kleine Schmerzensstrahlen in seine Arme hinauf. Er verlagerte die Füße, die er in einer sehr unbequemen Drehung seitlich angewinkelt hatte, auf den Hubbel in der Mitte des Wagenbodens.

Das ist ja wie das Zusammenleben mit einem alten, senil gewordenen Menschen. Wieviel Uhr ist es, Liebes? Das habe ich dir doch vor zehn Minuten schon gesagt; es ist halb vier. Und welchenTag haben wir heute?

Er blickte aus dem Taxifenster. Offensichtlich Sommer. Die Mädchen trugen Miniröcke, die Männer hatten ihre Jacketts über den Arm geworfen und die Hemden über dem Bauchnabel zusammengeknotet. Alle schlenderten gemächlich, viele schleckten Eis. Und was dort zur Linken messerscharf das Blickfeld durchschnitt, war unverkennbar das Flatiron Building, diese raffinierte und witzige architektonische Dreistigkeit, ein elegantes Kartenhaus, das den Turmspitzen und Rechtecken und nüchternen Hochhausbauten ringsumher eine lange Nase machte.

Blaue Briefkästen, gelbe Taxis. Heiße Dampfschwaden, die aus Löchern im Asphalt aufstiegen, als ob das Taxi ein Thermalgebiet durchführe. Fußgänger: Grün, Rot. Donuts. Vollgespickt mit Nüssen. Fifth Avenue, New York. Wie wunderbar, dich wiederzusehen, New York, dachte er; ihm kam der Präsident in den Sinn, der diesen innigen Gruß für Freunde und Fremde gleicherweise verwendete.

Haben Präsidenten Freunde?

Jetzt lassen wir diesen Unsinn aber lieber bleiben, ja?

Als er seine Aufmerksamkeit wieder dem Wageninneren zuwandte, bemerkte er, daß er einen grauen