: Otto Jägersberg
: Der Herr der Regeln
: Diogenes
: 9783257610536
: 1
: CHF 9.00
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Glaube an das Glück erfordert täglichen Kampf. In einer deutschen Kleinstadt sitzen drei Männer beim Spiel. Aus der Gewohnheit entstehen Freundschaften. Im Hintergrund ihrer Familien erziehen, singen und philosophieren die Frauen. Die Männer mischen die Karten. Die Regeln sichern den tiefen Frieden. Bis der Tag der Abrechnung naht. Ein Buch von der Liebe, vom Tod und von den Spielregeln.

Otto Jägersberg, geboren 1942 in Hiltrup (Westfalen), arbeitete nach einer kaufmännischen Lehre in Münster als Buchhändler, Antiquar und Drucker in Berlin, Zürich und in Stierstadt. Mit seinem Debütroman ?Weihrauch und Pumpernickel?, der 1964 erschien, war Otto Jägersberg der erste neuentdeckte deutsche Autor im noch jungen Diogenes Verlag. Seither ist Otto Jägersberg freier Autor und Filmemacher. Er lebt in Baden-Baden.

Am Morgen stand Alexa kurz auf, wenn Hilda mit der Mutter herunterkam. Beate hatte sich ihr Frühstück längst gemacht und war bereit mit ihrer Schwester in die Schule zu gehen.

Leo hörte Morgengrüße, Ermahnungen und Ermunterungen, hastig geregelte Geldgeschäfte. Dann schlug die Haustür zu und nach einigen Minuten war die Ladenglocke zu hören. Die Mutter hatte das Geschäft geöffnet. Alexa kam zurück und kuschelte sich wieder ins Bett. Dieses erste Aufstehen zählte für sie nicht, es war nicht wirklich. Sie legte Wert darauf, den Tag vom Augenblick ihres ›wirklichen‹, zweiten Aufwachens in rosigem Licht zu sehen. Sie brauchte dazu Schallplattenmusik, virtuose Klavierstücke, die sie sich am Schminktisch sitzend anhörte, und eine kleine Pfeife mit stark riechendem Tabak.

Die Pfeife war eine Erinnerung an ihre Internatszeit. Leo wußte wenig über diese Zeit. Viel Religion bei den Nonnen und draußen die Abenteuer.

Leo hatte Alexa erobern müssen. Mit guten Manieren, die sie bis heute noch bei ihm verfeinern zu müssen glaubte, und vielen ›Aufmerksamkeiten‹. Damals war er von ihr besessen und es schien ihm die Erfüllung eines Lebensziels als sie endlich heirateten.

Eine Zeitlang schien sie die Führung abgegeben zu haben. Sie gab ihm das Gefühl der Überlegene zu sein und zeigte sich mit allem einverstanden. Sie wollte zeigen, daß sie die Dinge und Vorgänge bewußt nicht prüfte. Das sollte er machen. Und er machte es. Ohne es zu wollen. Ohne Leidenschaft. Für jede Kleinigkeit holte sie sein Urteil ein. Er fand es lästig für sie zu entscheiden. Mit der Erziehung der Kinder beschäftigt, änderte sie sich. Sie übernahm die Bereiche die sie angingen. Ihm blieb eigentlich nur der Betrieb. Den ließ sie ihm. Wenn er Probleme hatte und sie gerne gefragt hätte, winkte sie ab.

Was er wirklich dachte, was ihn interessierte, verheimlichte er vor ihr. Ihr Spott und ihre Belehrungen zwangen ihn dazu.

Leo saß in der Küche und während er frühstückte sah er aus dem Fenster.

Zuerst kam Grimm über den Platz, energiegeladen, das Diplomatenköfferchen schlug bei jedem Schritt gegen seine Beine. Das Köfferchen, wußte Leo, war voller Proviant, Brote, Kuchen, Kekse.

Die Dürr ging mit eingezogenem Kopf, mit kleinen unsicheren Schritten. Wie immer das Einkaufsnetz bei sich, das Lokalblatt umhüllte die schwere Thermoskanne.

Ines war noch nicht da. Grimm stellte bereits lautstark die im Preis herabgesetzten Gartengeräte vor den Laden.

Leo hatte Ines dringend gebeten, pünktlich zu sein. Sie durfte sich nicht so offen über seine Anweisungen hinwegsetzen. Das ge