: Mick Herron
: Dead Lions Ein Fall für Jackson Lamb
: Diogenes
: 9783257609790
: Slow Horses
: 2
: CHF 14.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zwei Agenten von Slough House, einem Abstellgleis des MI5, erhalten den Auftrag, einen russischen Oligarchen zu beschützen. Gleichzeitig wird ein ehemaliger Spion aus kalten Kriegszeiten tot aufgefunden, angeblich infolge eines Schlaganfalls. Bei beiden Fällen spielen russische Schläfer eine wichtige Rolle: ?Dead Lions?. Ausgerechnet die Agenten, denen keiner etwas zutraut, sind beim Erwachen der Löwen dabei.

Mick Herron, geboren 1963 in Newcastle-upon-Tyne, studierte Englische Literatur in Oxford, wo er auch lebt. Seine in London spielende ?Jackson Lamb?-Serie wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem CWA Gold Dagger for Best Crime Novel, dem Steel Dagger for Best Thriller und dem Ellery Queen Readers Award, und mit Starbesetzung von Apple TV+ verfilmt.

TEIL EINS

Schwarze Schwäne


2


Nachdem die Straßenarbeiten endlich abgeschlossen sind, ist es ruhiger auf der Aldersgate Street im Londoner Stadtteil Finsbury. Man würde dort nicht gerade ein Picknick veranstalten wollen, aber die Straße gleicht auch nicht mehr einem Schlachtfeld mit Fahrzeugen. Der Pulsschlag der Gegend hat sich wieder normalisiert, und obwohl der Lärmpegel noch immer hoch ist, ist er doch weniger von Presslufthämmern geprägt und enthält Fetzen von Straßenmusik: Autos singen, Taxis pfeifen, und Anwohner starren erstaunt den fließenden Verkehr an. Früher war es klug, sich ein Sandwich einzupacken, wenn man mit dem Bus durch die Straße fuhr. Jetzt konnte es eine halbe Stunde dauern, bis man sie überquert hatte.

Vielleicht erobert sich mal wieder der Stadturwald sein Terrain zurück, und wie jeder Urwald beherbergt er bei näherem Hinsehen wilde Tiere. Eines Vormittags wurde ein Fuchs gesichtet, der vom White Lion Court ins Barbican Centre trabte, und oben zwischen den Blumenbeeten und Wasserspielen des Komplexes kann man sowohl Vögel als auch Ratten beobachten. Wo Pflanzen über die Wasseroberfläche hängen, verbergen sich Frösche. Nach Einbruch der Dunkelheit huschen Fledermäuse umher. Daher wäre es keine Überraschung, wenn vor unseren Augen eine Katze von einem der Barbican-Türme fiele und erstarrte, sobald sie auf dem Backsteinboden landete und sich in alle Richtungen gleichzeitig umblickte, ohne den Kopf zu bewegen, wie es Katzen eigen ist. Es ist eine Siamkatze. Hellbraun, kurzhaarig, schlitzäugig, schmal und leise; fähig, wie alle ihre Artgenossen durch kaum geöffnete Türen und vermeintlich geschlossene Fenster zu schlüpfen. Sie verweilt nur einen kurzen Augenblick – dann ist sie weg.

Sie schleicht unmerklich wie ein Gerücht, diese Katze; über die Fußgängerbrücke, dann die Treppe hinunter zum Bahnhof und hinaus auf die Straße. Eine nicht ganz so edle Katze wäre vielleicht stehen geblieben, bevor sie die Nebenstraße überquerte, aber nicht unsere; im Vertrauen auf ihre Instinkte, ihr Gehör und ihre Flinkheit, ist sie auf dem Bürgersteig gegenüber, bevor einLKW-Fahrer fertig gebremst hat. Und dann verschwindet sie, so scheint es zumindest. Der Fahrer blickt sich verärgert um, aber er sieht nichts außer einer schwarzen Tür in einem schmutzigen Eingang zwischen einem Zeitungskiosk und einem chinesischen Restaurant. Die uralte schwarze Farbe ist mit Straßendreck bespritzt, und eine einsame, gelblich gewordene Milchflasche steht auf der Eingangsstufe. Und keine Spur von unserer Katze.

Die natürlich hintenrum geschlichen ist. Keiner betritt Slough House durch die Vordertür; seine Insassen gehen durch einen schmuddeligen Hof mit schimmeligen Maue