: Andreas Wagner
: Winzerschuld Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960416616
: 1
: CHF 7.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 272
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wein, Mord und Fassenacht. Alle feiern Fassenacht. Die große Sitzung ist in vollem Gange, bis in die Morgenstunden wird bei Wein und Sekt getanzt. Als am nächsten Tag eine der Bedienungen tot aufgefunden wird und der Till spurlos verschwunden ist, wird schnell klar, dass in diesem Jahr einiges aus dem Ruder gelaufen ist. Kurt-Otto Hattemer versucht Licht ins Dunkel zu bringen. Eine fieberhafte Suche beginnt, die schnell offenbart, dass Schuld niemals verjährt.

Andreas Wagner ist Winzer, Historiker und Autor. Nach dem Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und Bohemistik in Leipzig und an der Karls-Universität in Prag hat er 2003 zusammen mit seinen beiden Brüdern das Familienweingut seiner Vorfahren in der Nähe von Mainz übernommen. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.

3


»Im letzten Jahr war der Till aber besser.« Posthalters Sigrun schenkte sich schwungvoll den letzten Rest Secco in ihr noch nicht vollständig geleertes Glas und stellte die Flasche dann ganz beiläufig zurück zwischen die vielen anderen. Ihre beiden Freundinnen schienen zum Glück nicht bemerkt zu haben, dass sie sie leer gemacht hatte.

Die Käfergässer Gerda nickte mit dem für sie typischen Gesichtsausdruck, der deutlich machte, dass sie kein Wort verstanden hatte. Ihr Hörgerät musste schleunigst neu eingestellt werden. So machte das doch keinen Sinn. Eine Fassenachtssitzung von weit mehr als fünf Stunden, ohne etwas mitzubekommen? Wobei, wenn sie ernsthaft darüber nachdachte, wäre es bei manch einem Beitrag des heutigen Abends gar nicht so schlimm gewesen, wenn sie nur die Hälfte oder gar nichts verstanden hätte. Bei dem aus Finthen eingekauften Profiredner zum Beispiel, dessen Namen sie vergessen hatte, der aber schon zum zweiten Mal hier bei ihnen im Ort aufgetreten war und aus diesem Grund wohl meinte, einfach den Vortrag vom Vorjahr wiederholen zu können. Sie war vierundachtzig, aber noch gut beieinander und hatte es daher schon nach dem zweiten Satz gemerkt. Seine Witze waren zudem schlecht und wurden durch die Wiederholung auch nicht knackiger.

»Viel besser war er im letzten Jahr! Und er hat streng gerochen diesmal.« Die Chaussee-Helga reckte sich in ihrem viel zu engen Blumenkostüm in die Höhe und langte ebenfalls nach der Seccoflasche. Sigrun drehte sich schnell zur Seite, aber da saß niemand mehr, mit dem sie ein Gespräch hätte anfangen können, um dem Zwangsläufigen zu entkommen. Sie waren mit wenigen anderen Alten die Letzten im großen Saal. Die übrigen Gäste waren mit dem letzten Takt des großen Finales nach oben ins Foyer gestürmt, um sich nach den vielen Stunden im Sitzen endlich bewegen zu können. Dumpf hallten die Bässe der modernen Musik zu ihnen herunter. Dafür war es in der großen Halle endlich so ruhig, dass man sich ungestört und ohne Schreierei über die Höhe- und Tiefpunkte dieses Abends unterhalten konnte. Ihre gemeinsame Sitzungsbilanz war fester Bestandteil der Fassenacht, vorher ging sie nicht nach Hause. Obwohl sie arg mit der Müdigkeit zu kämpfen hatte. Normalerweise lag sie um Mitternacht schon seit einigen Stunden im Bett oder schlief im Wohnzimmer auf dem Sofa, weil ihr während einer der Volksmusiksendungen die Augen zugefallen waren. Die Nachsitzung, in der man als erfahrener Zuschauer sämtliche Beiträge einer wohlwollenden Kritik unterzog, gehörte einfach dazu. Von der schwerhörigen Gerda war in dieser Hinsicht heute nur wenig zu erwarten. Aber auf Helgas spöttische Bemerkungen zu den einzelnen Beiträgen des Programms freute sie sich. Fragend blickte sie nun in ihre Richtung, allerdings aus einem ganz anderen Grund.

Helga hielt die Flasche, aus der nur noch vereinzelte Tropfen herausfielen, senkrecht über ihr Glas. »Leer. Dann bist du jetzt dran!«

»Von mir war die erste.« Sigrun nahm Abwehrhaltung ein und bemühte sich um einen empörten Gesichtsausdruck. Weil sie den feinen schwarzen Velourshut ihre