: Thorsten Sergel
: Glück ist ein spröder Gast
: Books on Demand
: 9783756260102
: 1
: CHF 10.00
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 168
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Anfang der 60-er Jahre verliebt sich Dirk Jakobs, ein siebzehn-jähriger Gymnasiast unsterblich in die gleichaltrige Linda Hansen. Linda, klug und musisch gebildet, ist ihm zwar zugetan, stört sich aber an seiner Oberflächlichkeit und lehnt eine unverbindliche"Liebelei& uot;, wie sie sich Dirk wünscht, ab. So bleibt Dirk lange nur ihr ständiger Begleiter und Gesprächspartner. Zwar sehnt sich bald auch Linda insgeheim nach mehr Nähe, beide finden aber nie den Mut, einander ihre Zuneigung zu gestehen. Da begegnet Dirk der 15-jährigen frühreifen und triebhaften Pia, deren freizügiger und ungehemmter Sexualität er rettungslos verfällt. Er beginnt ein Doppelleben, bis Linda davon erfährt und ihn tief enttäuscht verlässt. Auch in den folgenden Jahren vermag Dirk sich nicht von Pias lasziven Erotik zu lösen, obwohl auf ihre Treue kein Verlass ist. Trotz ihres stetig zunehmenden Alkoholkonsums glaubt Dirk daran, dass sich alles zum Besseren wenden werde, sobald er sie aus ihrem lieb- und freudlosen Elternhaus befreit habe. Beide heiraten schließlich. Auf einem Ball trifft er Linda wieder, die inzwischen auch verheiratet ist. Beide spüren, was sie versäumt haben, wissen aber auch, dass es keinen Weg zurück gibt. Pia, die inzwischen alkoholabhängig geworden ist, verliert in den folgenden Jahren unter dem Einfluss ihrer Sucht immer häufiger die Kontrolle und betrügt Dirk schließlich mit einem Freund der Familie. Der gemeinsamen Kinder wegen nimmt Dirk das ohne Konsequenzen hin, auch weil ihn Pia immer noch sexuell zu fesseln vermag. Zugleich quälen ihn wieder die Sehnsucht nach Linda und der Schmerz über ihren unwiederbringlichen Verlust. Auch kurze Beziehungen zu anderen Frauen bringen ihm nur wenig Trost. Doch eines Tages und ganz unerwartet ändert sich alles, als ihm überraschend klar wird, dass eine ganz anderer Frau die Liebe seines Lebens ist, eine Frau, die er schon seit langem kennt...... Eine ganz neue Phase seines Lebens beginnt, geprägt von Hoffnung, Glück und Schmerz.

Thorsten Sergel, Jahrgang 1950, studierte Jura und Skandinavistik in Berlin und Upsala.. Er promovierte über"Das Reichskammergericht zu Goethes Zeit in Wetzlar". Später schrieb er u.a. Essays über Heinrich Heine im Pariser Exil und übersetzte Lyrik des schwedischen Dichters Gustav Fröding. Bis zu seiner Pensionierung war er als Richter in Lübeck tätig. Heute lebt er auf der Insel Öland in Schweden.

April 1960

1.


Roderich Merten war ein mittelgroßer, mäßig beleibter Mann, der sich aber trotz seiner wohl fünfundfünfzig Jahre leicht und geschmeidig zu bewegen wusste. Er betrieb gemeinsam mit seiner Frau in einem alten Bürgerhaus, nahe dem Stadtwall, eine Tanzschule. Diese Institution, die einzige in der Stadt, hatte eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe: Die heranwachsende Generation der Sechzehn- bis Siebzehnjährigen, soweit sie der gehobenen Bürgerschicht angehörte, nicht nur mit den Standardtänzen vertraut zu machen, sondern die jungen Menschen an jene Umgangsformen heranzuführen, die damals noch mit dem Wort »Lebensart« bezeichnet wurden. Das Angebot zu einem solchen Kurs wurde von Roderich Merten alljährlich an die Leitungen der beiden höheren Lehranstalten, das Heinrich-Heine-Gymnasium und das Lyzeum, herangetragen.

Für die Gymnasiasten war das gesellschaftliche Ziel des Tanzkurses allerdings eher von nachrangiger Bedeutung. Für sie gab es nur einen Grund, sich zur Teilnahme zu melden: Hier bot sich die oft erste Gelegenheit, Kontakte zum anderen Geschlecht aufzunehmen. Denn es gab noch wenig Koedukation; das Gymnasium am Goetheplatz war eine reine Jungenschule, während das Lyzeum im Wallensteinweg den Mädchen vorbehalten war.

Natürlich hatten schon einige Schüler dieses Alters eine Freundin, was jedoch meist vor der Öffentlichkeit verborgen gehalten wurde und zudem von der Schulleitung nicht gern gesehen wurde.

Nachdem nun Roderich Merten in der ersten Stunde den je vierundzwanzig männlichen und weiblichen Eleven, die sich in dem karg möblierten, parkettierten Saal gegenübersaßen, Sinn und Historie der Standardtänze erläutert hatte, beendete er seine Ausführungen schließlich mit den Worten:

»Fordern Sie auf, meine Herren!«

Dirk Jakobs wohnte mit seinen Eltern im drittletzten Gebäude des ›Petersberger Weges‹, einem zweigeschossigen Haus mit vier Wohnungen, das im Eigentum der städtischen Wohnungsgenossenschaft stand. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lag der Petersberg, e