: Artur Weiß
: Die letzten Kinder Bessarabiens. Neuanfang nach Krieg Flucht und Vertreibung in der DDR Vier bewegende und tragische Geschwisterschicksale
: Engelsdorfer Verlag
: 9783957444967
: 1
: CHF 4.00
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: Romanhafte Biographien
: German
: 158
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Auf Schutt und Asche, die der Zweite Weltkrieg hinterließ, gingen die Flüchtlinge aus vielen europäischen Ländern ab Mai 1945 daran, für sich eine neue Heimat aufzubauen. Dies betraf insbesondere die Bessarabiendeutschen, die zum wiederholten Male ihre Heimat verloren haben. Zielbewusst und mit starkem Willen, zogen viele Jahre in das Land, während der wir vier Geschwister, tagein tagaus, unter erschwerten Bedingungen an der Verwirklichung unserer Ideale arbeiteten. In der russischen Besatzungszone, die später DDR genannt wurde, war es nicht leicht, unter den herrschenden Verhältnissen und Bedingungen eigene Ziele zu verwirklichen. Unser Vorgehen, im Leben Eigentum und persönlichen Wohlstand zu erarbeiten, was wir von unseren Eltern gelernt hatten, sorgte für den Widerstand der Kommunisten. Durch die Hürden kommunistischer Ideale, dauerte es lange, bis wir unser Ziel erreichten. Mit Ausdauer, Fleiß und äußerster Sparsamkeit haben wir alle Hindernisse überwunden, was teilweise bei den Genossen Unbehagen auslöste. Wenn es auch ein halbes Leben lang dauerte, so sind wir doch früher oder etwas später, ganz oben angekommen. Von nun an konnten wir zufrieden das Erreichte nutzen und uns dessen bedienen. Nach der Veröffentlichung meines ersten Buches »Von Bessarabien nach Belzig« lag es mir daran, unseren weiteren Lebensweg zu vermitteln.

Neuanfang und Berufsausbildung


In der damaligen russischen Besatzungszone schickten sich die Flüchtlinge aus den vielen Ländern an, der Familie eine neue Heimat zu schaffen. Dies betraf auch uns Bessarabiendeutsche. Die erlebten Grausamkeiten und Todesängste während der Flucht von Polen nach Deutschland hatten mich hart im Nehmen gemacht. Ich war der Älteste und spürte, dass ich Verantwortung für die Jüngeren tragen musste. Vor allem hatte ich für Mutter eine Stütze zu sein. Wenn es auch schmerzte, wieder unter einer neuen Gewaltherrschaft leben und arbeiten zu müssen, verdrängten wir doch die vorhandenen Realitäten.

Die Möglichkeit nach Baden-Württemberg umzusiedeln, wie es viele unserer Landsleute taten, wurde uns von der russischen Besatzungsmacht verweigert. An Unrecht, Gewalt und Bevormundung gewöhnt, beschloss ich, in der russischen Zone zu bleiben und die Landarbeit an den Nagel zu hängen. Der Bauer war meinen bescheidenen Lohnforderungen nicht nachgekommen, es kam dann zu Streitigkeiten.

Der Wunsch, einen Beruf zu ergreifen, nahm vollen Besitz von mir. Ich durfte ihn in Belzig beim Schmiedemeister Ernst Gottwald umsetzen. Nun schon als 17-Jähriger trat ich die dreijährige Lehre am 15. November 1947 an. So begann für mich ein neuer wichtiger Lebensabschnitt, der mich froh und glücklich stimmte.

Mein erster Eindruck in der Schmiede, der Meister beim Hufeisen schmieden

Zum ersten Mal in meinem jungen Leben konnte ich auf eigenen Beinen stehen und mein eigenes Geld verdienen. Der tägliche Weg zur Arbeit war beschwert, weil er mit einem Fußmarsch von drei Kilometern zur Eisenbahn nach Dahnsdorf verbunden war. Später bewältigte ich die Strecke mit einem Fahrrad, das mir durch ein Lebensmitteltauschgeschäft zum Eigentum wurde. Auf dieselbe Weise hat auch mein Freud Simon ein Fahrrad bekommen, denn mit Lebensmitteln war es 1947 möglich, alles zu bekommen. Weil sich Simon eine Lehrstelle als Schumacher beschaffte, fuhren wir beide täglich bei Wind und Wetter acht Kilometer nach Belzig zur Arbeit.

Das tägliche Miteinander ließ unsere Freundschaft noch enger werden, es entstand eine echte Kameradschaft, wozu auch Hugo zählte. Mein Freund Hugo war zunächst in der Landwirtschaft geblieben, erst später hat er den Beruf eines Lokomotivführers erlernt. Wir als Trio waren unzertrennlich und hatten inzwischen guten Kontakt zu der einheimischen Jugend gefunden.

In dieser alten Schmiede erlernte ich den Beruf eines Schmiedes

Wenn es zu Meinungsverschiedenheiten, Rangeleien und Handgreiflichkeiten mit der einheimischen Jugend gekommen war, brauchte man gute Freunde, um sich wehren zu können.

Der Pfarrer und Lehrer des Dorfes unterstützten die Jugendgruppe massiv bei ihrer Arbeit und organisierten Veranstaltungen. Sie sorgten auch dafür, dass wir Flüchtlinge in der Gruppe nicht mehr ignoriert und beleidigt wurden, sondern einfach dazugehörten. Traditionell wurden Theaterstücke eingeübt, die unter der Leitung des Dorfschullehrers aufgeführt wurden. Anschließend spielte im Saal die Musik zum Tanz auf. In den Wintermonaten gingen die Mädels und jungen Frauen abwechselnd zur Spinnichte (Spinnstube), zu Spinn- und Nadelarbeiten. Dabei wurden Heimatlieder gesungen und Neuigkeiten ausgetauscht. Das war wohl nicht so recht erwünscht, die kommunistische Jugend-Organisation (FDJ) schickte ihre Funktionäre auf die Dörfer, die bestehenden Jugendgruppen sollten in die neue Organisation eintreten. Die Bürgermeister bekamen Weisungen, in ihren