: Hazel Prior
: Miss Veronica und der Ruf der Pinguine Roman
: Goldmann
: 9783641298593
: 1
: CHF 11.70
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 400
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Trotz ihrer 87 Jahre denkt Veronica McCreedy nicht im Mindesten daran, die Füße in ihrem schottischen Anwesen hochzulegen. Stattdessen unterstützt die rüstige alte Dame die Pinguinforschung in der Antarktis und nimmt die quirlige kleine Daisy als Pflegekind bei sich auf. Und als sie das Angebot erhält, eine Naturfilmreihe über Pinguine zu drehen, zögert Veronica keine Sekunde. Zusammen mit Daisy reist sie auf die Südhalbkugel, um den TV-Zuschauern von den faszinierenden Tieren zu berichten - und davon, wie zerbrechlich und wunderschön das Leben doch ist ...

Hazel Prior lebt mit ihrem Mann und ihrer rothaarigen Katze im englischen Exmoor. Sie liebt Tiere, ganz besonders Pinguine, und wenn sie nicht schreibt, tourt sie mit ihrer Harfe durch England.

2


Veronica

Eileen fährt uns. Ich wäre durchaus in der Lage, mich selbst hinters Steuer zu setzen, habe das Fahren aber vor drei Jahren aufgegeben. Meine Reaktionen sind blitzschnell wie eh und je, wie ich dem Arzt unmissverständlich mitgeteilt habe, und ich sehe mehr als ausreichend gut in die Ferne. Nach meinem kleinen Missgeschick mit dem Jaguar und einem äußerst lästigen jungen Mann in seinem Vauxhall bin ich aber zu dem Entschluss gekommen, dass ich auf solchen Ärger verzichten kann.

Der Schnee von letzter Woche ist weggetaut und der Tag erfüllt von hellem zitronengelbem Sonnenschein. Während der gefleckte Himmel und die grünen Hügel Schottlands am Fenster vorbeifliegen, sitzt Daisy still auf dem Rücksitz (ich habe den Verdacht, sie treibt auf ihrem Telefon heimlich Unfug in irgendwelchen »sozialen Medien«). Eileen summt beim Fahren vor sich hin und macht gelegentlich Bemerkungen wie: »Was für ein herrlicher Tag«, und: »Hübsche Wolken, nicht wahr?«.

Schließlich überqueren wir eine Kreuzung, biegen links ab und fahren unter einem nicht zu übersehenden Schild durch, auf dem »Lochnamorghy Sea Life Centre« steht.

»Wir müssen unbedingt ein Selfie mit den Pinguinen machen, Veronica!«, ruft Daisy hinter mir, als wir den Wagen am hinteren Ende des Parkplatzes abstellen. »Du machst doch ein Selfie mit uns, oder?«

»Schon möglich«, versichere ich ihr, da ich nicht durchblicken lassen will, dass ich nicht genau weiß, was »ein Selfie machen« beinhaltet. Wenn es irgendetwas mit »einen Handstand machen« oder »einen Spagat machen« gemein hat, habe ich nicht die Absicht, ihrer Bitte nachzukommen. Tatsächlich würden meine Gliedmaßen so etwas ohnehin nicht zulassen.

Eileen, Daisy und ich gehen durch einen riesigen Eingang mit einer Glasdrehtür. Die Frau am Empfang erklärt forsch und effizient: »Zum Aquarium geradeaus. Gehen Sie bis zum Ende des Gangs und folgen Sie der Beschilderung für Robben, Otter, Seevögel und Pinguine.«

Wir folgen den Schildern durch ein Labyrinth von Gängen. Sie sind von informativen Postern über das Leben im Meer gesäumt, die wir völlig ignorieren. Die bedrohlichen Tintenfische, Kraken, Quallen und die anderen mit Tentakeln und Schuppen versehenen Kreaturen, die in den mit grauem Wasser gefüllten Aquarien zu beiden Seiten herumschwimmen, ignorieren wir ebenfalls. Wir sind alle drei gleichermaßen auf unser Ziel fixiert. Daisy läuft immer wieder voraus und kehrt dann wieder zu uns zurück wie ein aufgeregter Welpe.

Wir werden hier keine Adeliepinguine zu sehen bekommen. Da diese in der Antarktis zu Hause sind, wäre es Tierquälerei,