Kapitel 2
»Aufwachen, Schlafmütze.« Kate rüttelt mich am Arm.
Ich blinzle, dann setze ich mich auf und schaue mich um, schlaftrunken und desorientiert. Es ist dunkel. Als Kate die Nachttischlampe anknipst, dauert es einen Moment, bis ich wieder weiß, wo ich bin.
»Es ist Viertel nach neun«, sagt sie. »Zeit aufzustehen.«
Gähnend schwinge ich die Beine über die Bettkante, obwohl ich mich am liebsten zurückfallen lassen, mir die Decke über den Kopf ziehen und weiterschlafen würde. Kate hat sich bereits ausgehfertig gemacht und sieht atemberaubend aus in ihrem schwarzen Minikleid mit den Rüschenärmeln und den goldfarbenen Sandaletten, die ihre gebräunten, wohlgeformten Beine perfekt zur Geltung bringen. Niedergeschlagen denke ich an meine eigenen Kleider – ich habe nur bequeme Sachen eingepackt, weil ich dachte, es sei geeigneter für unsere Besichtigungstouren durch die auf Hügeln erbaute Stadt. Also habe ich lediglich Sneakers und ein Paar flache Sandalen dabei und auch nichts annähernd so Schickes wie Kates Kleid – ganz zu schweigen davon, dass ich solche Klamotten gar nicht besitze. Kate hat massenhaft schöne Kleider im Schrank, weil sie Mode liebt, leidenschaftlich gern shoppen geht und das Geld hat, sich ständig neue Sachen zu kaufen. Ein weiterer Grund ist zweifelsohne, dass sie alsPR-Beraterin in der Filmbranche häufig zu Premieren und Aftershow-Partys eingeladen ist und, wie die Queen, lieber sterben würde, als sich zweimal im selben Outfit blicken zu lassen.
Während Kate den letzten Rest Champagner in mein leeres Glas gießt, öffne ich meinen Trolley und beginne zu kramen: Jeans, ein Sommerkleid, Shorts, eine Bluse, ein Kapuzensweatshirt, mehrere T-Shirts und schließlich mein karierter Flanellschlafanzug. Das einzige halbwegs abendtaugliche Kleidungsstück ist ein paillettenbesetztes Top von H&M, das ich mit einer Jeans kombinieren wollte, aber natürlich hatte ich nicht mit einem Dinner in einem Sterne-Restaurant gerechnet, sondern dachte, wir würden in einem der vielen kleinen Einheimischenlokale ohne Dresscode essen.
»Ich weiß nicht, was ich anziehen soll.« Frustriert stopfe ich das Top wieder in den Koffer. Ich wünschte, Kate hätte mich vorgewarnt, dass sie einen Tisch in einem schicken Lokal reserviert hat.
»Willst du dir was von mir borgen?«, fragt sie. Bevor ich darauf antworten kann, ist sie aufgestanden und ruft mir über die Schulter zu, ihr zu folgen.
Ihr Zimmer ist nicht länger eine Oase in Weiß, sondern wirkt, als hätte eine Horde besonders verzweifelter Einbrecher darin gewütet. Überall liegen Kleider und Schuhe herum. Früher, zu unserenWG-Zeiten, war es genauso. Es trieb mich regelmäßig in den Wahnsinn, dass man in der gesamten Wohnung über ihre Schuhe, Jacken, Taschen, schmutzigen Teller und Tassen stolperte, als sei Kate mit Personal aufgewachsen, das ihr alles hinterherräumte, dabei st