Kapitel 1
Hattie lachte vor Glück laut auf, dann stellte sie den Motor ab und blieb noch einen Moment im Auto sitzen, um das Gebäude vor sich in Ruhe in Augenschein zu nehmen. Es übertraf all ihre Erwartungen. Die strahlende Nachmittagssonne ließ die hellen Steinmauern und weißen Mauerkronen leuchten, sodass sie selbst hinter ihrer Sonnenbrille blinzeln musste. In Wahrheit hatte sie gar nicht recht gewusst, was sie erwarten würde, aber definitiv nicht diese beeindruckende Fassade des Châteaus Saint Martin! Das Schloss war prachtvoll, majestätisch, märchenhaft, und es würde für die nächsten zwei Monate ihr Zuhause sein.
Es kam ihr wie ein Wunder vor, dass sie sich heute Morgen aus dem grau bedeckten Surrey aufgemacht hatte und nach nur sechs Stunden im strahlenden Sonnenschein angekommen war, wo alles um sie herum in voller Blütenpracht stand. Es fühlte sich an, als käme sie gerade aus dem Winterschlaf, und ihre spontane Freude war bestimmt ein gutes Omen. In den letzten Monaten hatte sie nur wenig zu lachen gehabt. Zu sehr war sie damit beschäftigt gewesen, sich irgendwie durchs Leben zu kämpfen.
Jetzt aber wollte sie raus und den Moment genießen. Sie öffnete die Wagentür und kletterte hinaus. In der warmen, duftenden Luft wurden ihre Sinne sogleich daran erinnert, dass sie nicht mehr in England war. Eine Reihe von Kirschbäumen, die neben der Auffahrt wuchsen, explodierten förmlich vor rosa Blüten, und hier und da flatterten die Blütenblätter wie Konfetti durch die Luft, so als wollten sie sagen: Das hier ist der perfekte Ort für eine Hochzeitsfeier.
Beinahe hätte sie sich in den Arm gekniffen, um sicherzugehen, dass sie nicht träumte. Die letzte Woche war furchtbar gewesen, und sie war immer noch nicht sicher, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, Chris und ihren Job aufzugeben. Doch in dem Moment, als der Autozug Folkestone verließ und sie unter dem Kanal hindurchfuhr, hatte es sich so angefühlt, als verabschiede sie sich körperlich von ihrem alten Leben. Sie musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, auch wenn sie die nächsten Wochen hart würde arbeiten müssen. Sie hatte eine Menge zu beweisen, und Scheitern war keine Option. Zugegeben, sie war vielleicht nicht die erste Wahl als Hochzeitsplanerin ihrer Cousine Gabby gewesen, doch jetzt hatte sie den Job. Und es würde ein Erfolg werden, was es sie auch kosten mochte.
Im Lauf der letzten Jahre hatte sie sich als Assistentin in das Hochzeitsgeschäft eingearbeitet – ja, vielleicht hatte sie ihrem Onkel gegenüber ein klein wenig übertrieben, was ihre Erfahrungen anging, doch sie hatte eine Menge gelernt, während sie Telefonate beantwortete, Treffen vereinbarte und die Rechnungen überwies.
Sie nahm ihre Reisetasche aus dem Wagen, holte tief Luft und roch den frischen Duft von Rosmarin und Majoran, der aus dem Beet neben ihr aufstieg.Ein Neuanfang, Hattie. Ein Neuanfang. Sie hob das Kinn und schaute wieder zum Schloss.
Wenn es drinnen ebenso spektakulär aussah, würde Gabby eine fantastische Hochzeit bekommen. Das Setting war wunderschön, genau wie die traumhafte Landschaft, durch die Hattie von Reims nach Saint Martin gefahren war. Die sanften Hügel waren mit gleichmäßigen Reihen leuchtend grüner Weinstöcke bedeckt, die sich wellenförmig über die Konturen des Landes zogen. Diese nicht enden wollenden Linien, die sich über Hügel und Felder in die Ferne erstreckten, wurden nur von knorrigen Stümpfen unterbrochen, die das junge Blätterdach stützen.
Der Anblick faszinierte Hattie. Die Weinstöcke waren viel kleiner, als sie es sich vorgestellt hatte – aber was wusste sie schon von Wein, außer dass er aus Trauben gemacht wurde und