: Andreas Franz, Daniel Holbe
: Julia Durant. Die junge Jägerin Kriminalroman
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426458235
: Julia Durant ermittelt
: 1
: CHF 10.00
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 496
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der 21. Band in der Bestseller-Serie von Andreas Franz und Daniel Holbe um die Kommissarin Julia Durant und ihr allererster Fall - in München München, Anfang der 90er Jahre. Eine tote Frau wird gefunden - eine Prostituierte, wie es zunächst scheint. Doch eine genauere Untersuchung hält eine Überraschung für die ermittelnden Beamten bereit.  Zudem handelt es sich bei dem Opfer um eine bekannte Persönlichkeit der Stadt. Eine heikle Situation für die Mordkommission, denn in den Fall ist offenbar jede Menge lokale Prominenz verwickelt. Hatte man die Ermittlung zuerst auf Julia Durant abgewälzt, die Neue in einer von Männern beherrschten Abteilung, möchte man ihr den Fall nun wieder wegnehmen. Doch das lässt sie sich nicht gefallen, denn sie hat Blut geleckt. Als eine zweite Leiche auftaucht und sich in der Szene Angst ausbreitet, wird nicht nur der Polizei klar: Es geht ein Serienmörder um in der Stadt. Und er wird wieder und wieder zuschlagen. Wie war das eigentlich damals, als Julia Durants Karriere begann? In diesem spannenden Krimi lernt der Leser die Kommissarin in ihren Anfängen in München kennen: schon damals hartnäckig, klug und voller origineller Ermittlungsideen. Ein Muss für alle, die die Kommissarin Julia Durant lieben!

Andreas Franz' große Leidenschaft war von jeher das Schreiben. Bereits mit seinem ersten Erfolgsroman JUNG, BLOND, TOT gelang es ihm, unzählige Krimileser in seinen Bann zu ziehen. Seitdem folgte Bestseller auf Bestseller, die ihn zu Deutschlands erfolgreichstem Krimiautor machten. Seinen ausgezeichneten Kontakten zu Polizei und anderen Dienststellen ist die große Authentizität seiner Kriminalromane zu verdanken. Andreas Franz starb im März 2011. Daniel Holbe, Jahrgang 1976, lebt mit seiner Familie in der Wetterau unweit von Frankfurt. Insbesondere Krimis rund um Frankfurt und Hessen faszinierten den lesebegeisterten Daniel Holbe schon immer. So wurde er Andreas-Franz-Fan - und schließlich selbst Autor. Als er einen Krimi bei Droemer-Knaur anbot, war Daniel Holbe überrascht von der Reaktion des Verlags: Ob er sich auch vorstellen könne, ein Projekt von Andreas Franz zu übernehmen? Daraus entstand die 'Todesmelodie', die zu einem Bestseller wurde. Es folgten mittlerweile dreizehn weitere Durant-Romane, die allesamt die vorderen Plätze der Sellerlisten eroberten.

November1990


Julia Durant besuchte den Friedhof zweimal pro Monat. Höchstens. Auch wenn ihre Zeit es vielleicht erlaubt hätte, öfter zu kommen, sie konnte es nur schwer ertragen. Wie jedes Mal stellte sie eine frische Grabkerze in das bronzefarbene Gehäuse, das zwischen den Pflanzen auf einer Marmorplatte stand. Um frische Blumen kümmerte sich jemand anderes, und das war ihr sehr recht. Das Feuerzeug brauchte im auffrischenden Wind einige Anläufe, und sie musste die Kerze mit der Hand abschirmen, damit sie nicht ausgeblasen wurde. Endlich flackerte warmes Licht auf. Ein Funken Hoffnung in der einsetzenden Dämmerung. Ein bisschen Wärme in dem durchdringenden Novemberregen, der sich wohl schon bald in Schneeflocken verwandeln würde.

Durant wäre gern noch ein paar Minuten geblieben, doch das Wasser durchdrang bereits ihre Jeansjacke. Sie zog den Kragen zum wiederholten Mal nach oben und folgte dem Schotterweg in Richtung Friedhofspforte. Der Wind peitschte ihr den Regen ins Gesicht. Die Tropfen trafen die Haut wie Nadelstiche, aber sie ertrug es. Wenigstens würde so niemand ihre Tränen sehen, denen sie nun ohne Hemmung ihren Lauf lassen konnte.

Vor zwei Jahren war es geschehen. Das Schicksal hatte mit all seiner Härte zugeschlagen und einer jungen Frau von Mitte zwanzig die Mutter genommen. Sie hätte nicht zu sagen vermocht, was dabei am schlimmsten war. Die Tatsache, dass ihre Mutter mit ihrer verdammten Kettenraucherei dieses Schicksal förmlich heraufbeschworen hatte? Das kalte Grau, welches von ihrer Haut, ihren Augen und am Ende von ihrem ganzen Wesen Besitz ergriffen hatte wie ein Schatten, der ihr das Leben aussaugte? Oder waren es die Wut und Verzweiflung darüber, dass kein Gebet, keine Tränen und kein Flehen geholfen hatten? Julias Mutter war am Ende ihres Todeskampfes kläglich erstickt, und hätte man sie gelassen, sie hätte ihr letztes Röcheln mit einer Ladung Teer und Nikotin versehen. In Momenten wie diesen fühlte Julia sich schuldig, dass sie selbst diesem Laster verfallen war. Sie hasste es, manchmal verachtete sie sich sogar, aber meistens genoss sie es viel zu sehr. Und zum Aufhören war immerhin noch jede Menge Zeit.

Vor einer Woche war die Kommissarin siebenundzwanzig geworden. Wieder ein Jahr. Und wieder ein Geburtstag ohne Mama. Sie hatte ohne ihre Mutter Hochzeit gefeiert, und sie würde ohne sie Kinder bekommen. Enkel, einen Jungen und ein Mädchen, auch wenn man das vorher nicht festlegen konnte. Aber genauso hatte Mama es sich immer gewünscht.

Nein. Julia Durant würde sie niemals dafür hassen können, Lungenkrebs bekommen zu haben. Zu viele Menschen bekamen auch ohne Rauchen Krebs. Julia liebte ihre Mutter, und das würde für immer so bleiben.

 

Der Fahrersitz sowie die Türverkleidung des Renault waren durchnässt, sie hatte vergessen, nach ihrer letzten Zigarette den Schlitz des Wagenfensters zu schließen. Nun hatte es hineingeregnet. Einen stummen Fluch auf den Lippen, kurbelte sie das Fenster nach oben, rubbelte das Polster mit der Jeansjacke ab, ließ sich anschließend auf den Sitz sinken und startete den Motor. Während das Gebläse warme Luft in den Innenraum beförderte, entzündete sie sich eine Gauloise, schloss die Augen und inhalierte tief. Der Regen trommelte noch ans Fenster, deshalb öffnete sie nur einen kleinen Spalt, gerade so weit, dass sie die Spitze ihres Glimmstängels zum Aschen hinausstrecken konnte. Denn ihr Vater, ein allseits geschätzter Pastor, hatte es noch nie leiden können, wenn man in der Enge eines Fahrzeugs auch noch rauchte. Und da sie sich schon nicht an dieses Gebot hielt, hatte sie sich zumindest geschworen, den Aschenbecher niemals zu entweihen.

Ein dicker Tropfen traf die Glut, die mit einem wütenden Zischen erlosch. Sie murrte und ließ die kaum zur Hälfte gerauchte Zigarette fallen. Dann eben nicht. Es war beinahe, als habe der liebe Gott mit seinem Finger …

Julia Durant setzte den Blinker, warf einen Blick durch die beschlagene Heckscheibe und setzte den Renault in Bewegung. Der Verkehr war nicht dicht. Sie schaltete das Radio ein. Hörte einen Song von R.E.M. zu Ende, danach folgten Werbespots und anschließend die Nachrichten. Es schien, als befände sich die ganze Welt am Abgrund. Überall Hunger, überall Krieg, überall errangen aggressive Machthaber die Kontrolle und riefen zum Kampf gegen ihre Widersacher auf. Es gab Massenmorde und Gewaltexzesse. Die Leidtragenden waren wie immer Frauen und Kinder. Verfolgt. Vergewaltigt. Freiwild für Soldaten und Milizen, von denen manche einst Nachbarn oder gar Freunde gewesen waren. Ein Kloß formte sich in ihrem Hals, und sie wollte das Radio ausschalten, als die Lokalnachrichten etwas meldeten, was sie hellhörig werden ließ.

Wenige Minuten später erreich