: Friedrich Schiller
: Die Räuber
: Anaconda Verlag
: 9783730690093
: Große Klassiker zum kleinen Preis
: 1
: CHF 1.60
:
: Hauptwerk vor 1945
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Schillers Angriff auf das »tintenklecksende Säkulum« weitete sich zum Skandal, als es im Januar 1782 in Mannheim erstmals auf die Bühne kam: »Das Theater glich einem Irrenhaus. Es war eine allgemeine Auflösung wie im Chaos, aus dessen Nebeln eine neue Schöpfung hervorbricht.« Sein erstes Stück machte Schiller über Nacht berühmt, trug ihm den Ruf eines deutschen Shakespeares ein und ist die kraftvollste Hervorbringung des »Sturm und Drang«. Bis heute bewegt das Publikum die Auflehnung des jungen Rebellen Franz Moor gegen Vater, Bruder und Weltordnung.

Friedrich Schiller (1759-1805) wurde in Marbach geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Ab 1776 studierte er auf Befehl des Herzogs Karl Eugen an der Militärakademie Karlsschule in Stuttgart Medizin und arbeitete anschließend als Regimentsarzt. 1782 war Schiller trotz eines Verbots des Herzogs bei der umjubelten Uraufführung der «Räuber» in Mannheim zugegen; er wurde mit Arrest und Schreibverbot bestraft. Er floh über Mannheim, Leipzig und Dresden nach Weimar. 1789 wurde er zum außerordentlichen Professor der Geschichte und Philosophie in Jena berufen. Er litt unter ständigen Geldsorgen, die auch seine Gesundheit angriffen. 1799 siedelte er erneut nach Weimar um, wo er im Alter von nur 45 Jahren starb.

ERSTER AKT


ERSTE SZENE


Franken. Saal im Moorischen Schloss.


FRANZ. DER ALTE MOOR.


FRANZ. Aber ist Euch auch wohl, Vater? Ihr seht so blass.5
DER ALTE MOOR. Ganz wohl, mein Sohn – was hattest du mir zu sagen? 
FRANZ. Die Post ist angekommen – ein Brief von unserm Korrespondenten in Leipzig – 
DER ALTE MOOR(begierig). Nachrichten von meinem10
Sohne Karl? 
FRANZ. Hm! Hm! – So ist es. Aber ich fürchte – ich weiß nicht – ob ich – Eurer Gesundheit? – Ist Euch wirklich ganz wohl, mein Vater? 
DER ALTE MOOR. Wie dem Fisch im Wasser! Von meinem15
Sohne schreibt er? – Wie kommst du zu dieser Besorgnis? Du hast mich zweimal gefragt. 
FRANZ. Wenn Ihr krank seid – nur die leiseste Ahnung habt, es zu werden, so lasst mich – ich will zu gelegnerer Zeit zu Euch reden.(Halb vor sich.) Diese Zeitung20
ist nicht für einen zerbrechlichen Körper. 
DER ALTE MOOR. Gott! Gott! was werd ich hören? 
FRANZ. Lasst mich vorerst auf die Seite gehn und eine Träne des Mitleids vergießen um meinen verlornen Bruder – ich sollte schweigen auf ewig – denn er ist25
Euer Sohn; ich sollte seine Schande verhüllen auf ewig – denn er ist mein Bruder. – Aber Euch gehorchen, ist meine erste, traurige Pflicht – darum vergebt mir. 
DER ALTE MOOR. O Karl! Karl! Wüsstest du, wie deine Aufführung das Vaterherz foltert! Wie eine einzige30
frohe Nachricht von dir meinem Leben zehen Jahre zusetzen würde – mich zum Jüngling machen würde – da mich nun jede, ach! – einen Schritt näher ans Grab rückt! 
FRANZ. Ist es das, alter Mann, so lebt wohl – wir alle würden noch heute die Haare ausraufen über Eurem5
Sarge. 
DER ALTE MOOR. Bleib! – Es ist noch um den kleinen kurzen Schritt zu tun – lass ihm seinen Willen!(Indem er sich niedersetzt.) Die Sünden seiner Väter werden