Kapitel 2
Alles, Was Glänzt (Alaska)
Ich liebe schöne Sonnenuntergänge, aber jeden Abend Punkt sieben einen vorgesetzt zu bekommen, überfordert mich.
Ich komme aus dem Land der Mitternachtssonne. In Fairbanks geht die Sonne manchmal erst kurz vor Mitternacht unter, und ich bin es gewohnt, schlafen zu gehen, während die Feuerkugel noch hoch am Himmel steht oder sich Monate am Stück gar nicht blicken lässt.
Heute sitze ich jedoch nach dem Essen draußen auf der Veranda der gemütlichen kleinen Blockhütte, die ich im »Charming Inn« gemietet habe, und schaue zu, wie die Sonne hinter dem hübschen, mit Blumen bewachsenen Hügel untergeht.
Eigentlich sollte ich einfach mein Bier genießen und dabei den Himmel betrachten, bis dort die Sterne funkeln. Mein allabendliches Ritual.
Stattdessen lausche ich Elis Stimme, die durch das Fenster nach draußen dringt. Er ist im Wohnzimmer, spielt auf seinem Tablet und führt dabei ein so enthusiastisches Selbstgespräch, als hätte er Publikum.
Das macht er öfter.
Die meiste Zeit ist es lustig, und gerade jetzt begeistert er sich für Katzenleckerlis. Und das nur, weil ich gesagt habe, es wäre cool, wenn er eine Kleinigkeit für den struppigen alten Stubentiger aus dem Café hätte.
Wir sind Mozart seit gestern mehrmals begegnet, aber er scheint ziemlich sauer auf Eli zu sein, da er ihn ignoriert, anstatt sich wie sonst ein paar Streicheleinheiten abzuholen. Offenbar macht er ihn für die Begegnung mit dem Hund verantwortlich.
Tatsächlich war ich ein wenig besorgt, dass Mozart sich an den Scherben im »Nest« verletzt haben könnte, nachdem der Boxer ihn quer durch das ganze Café gejagt hatte. Aber Miss Wilma höchstpersönlich hat mir erzählt, dass er ein Streuner ist und immer zurück nach Hause findet – so wie er sich immer mit den Ferienkindern anfreundet, die herkommen.
So ähnlich wie Eli.
Er wurde hierher verpflanzt, und ich bin froh darüber.
Mein Sohn ist für mich das Wichtigste auf der Welt.
Und nach allem, was wir wegen seiner Mutter durchgemacht haben, haben wir gelernt, uns aufeinander zu verlassen.
Es war die Hölle für mich, von ihm getrennt zu sein