: Charlotte Brontë
: Jane Eyre. Band 3 von 3 Illustrierte Ausgabe
: apebook Verlag
: 9783961303830
: 1
: CHF 2.40
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: Erzählende Literatur
: German
'Jane Eyre' ist der erste und zugleich bedeutendste Roman der britischen Schriftstellerin Charlotte Brontë (1816-1855). Er erschien im englischen Original 1847, wurde allerdings ursprünglich unter dem Pseudonym Currer Bell veröffentlicht. Erzählt wird die Lebensgeschichte der Titelheldin, von der schweren Kindheit im Internat Lowood bis hin zu ihrer Anstellung als Gouvernante im Landhaus Thornfield Hall des wohlhabenden Mr. Rochester, den sie trotz aller Unterschiede sehr anziehend findet. Dann geschehen auf Thornfield Hall seltsame Dinge... 'Jane Eyre' zählt zu den herausragenden Werken der englischen Literatur des Viktorianismus und verbindet Gothic-Elemente mit Romantik. Es ist ein Bildungsroman, der die heranreifende junge Heldin im Spannungsfeld zwischen Liebe und sozialen Normen, zwischen eigenen und fremden Wünschen und Wertvorstellungen zeigt. Die dramatische Geschichte einer jungen Frau, die gegen alle Widrigkeiten um Selbstbehauptung und persönliches Glück kämpft, wurde mehrfach verfilmt und erfreut sich nach wie vor größter Beliebtheit. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Maria von Borch (1853-1895) und enthält Illustrationen von Frederick Henry Townsend (1868-1920). Dieses ist der dritte von drei Bänden. Der Umfang entspricht ca. 250 Druckseiten.

ZWEITES KAPITEL.


 

Mr. Rochester hatte mir nur eine Woche Urlaub gegeben, aber trotzdem verfloß ein ganzer Monat, ehe ich Gateshead verließ. Ich wollte unmittelbar nach dem Begräbnis abreisen, aber Georgina flehte mich an zu bleiben, bis es ihr möglich sein würde, nach London abzureisen, wohin ihr Onkel, Mr. Gibson, sie nun endlich, endlich eingeladen hatte. Dieser war hinaus gekommen, um alle Anstalten für das Begräbnis seiner Schwester zu treffen und die Geldangelegenheiten der Familie zu ordnen. Georgina sagte, sie fürchte sich mit Eliza allein zu bleiben; von ihr hatte sie weder Sympathie in ihrer Traurigkeit, noch Hilfe in ihrer Bedrängnis und Unterstützung bei ihren Reisevorbereitungen zu erhoffen. Daher ertrug ich denn ihr kleinmütiges Jammern und ihre selbstsüchtigen Klagen so gut ich konnte und tat mein Bestes, indem ich für sie nähte und arbeitete und Wäsche und Kleider für sie einpackte. Es ist wahr, daß sie müßig umherging, während ich arbeitete, und gar oft dachte ich in meinem Sinne: »Nun Cousine, wenn wir beiden verurteilt wären miteinander zu leben, so würden wir die Sache bald anders anfassen. Ich würde mich nicht gutwillig darein finden, der arbeitende Teil zu sein; ich würde auch dir deinen Teil der Arbeit zukommen lassen und dich zwingen ihn zu tun, wenn er nicht ungetan bleiben sollte. Und ich würde auch darauf bestehen, daß du einige dieser nur halb aufrichtig empfundenen, schleppenden Klagelieder in deine eigene Brust verschlössest. Nur, weil unser Verkehr zufällig ein sehr vorübergehender ist und in eine sehr traurige Zeit fällt, finde ich mich darein, so geduldig und gutwillig dir gegenüber zu sein.«

Endlich kam der Augenblick für Georginas Abreise, aber jetzt war die Reihe an Eliza, mich zu bitten, daß ich noch eine Woche dableibe. Wie sie sagte, nahmen ihre Pläne all ihre Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie war im Begriff, in irgendein unbekanntes Land abzureisen und während des ganzen Tages hielt sie sich in ihrem Zimmer auf. Die Tür war von innen verschlossen, und sie beschäftigte sich damit Koffer zu packen, Schiebladen zu leeren, Papiere zu verbrennen, ohne daß jemand sie bei dieser Arbeit hätte stören dürfen. Von mir wünschte sie, daß ich mich um den Haushalt kümmere, Besucher empfing und Kondolenzschreiben beantworte.

Eines Morgens sagte sie mir, daß sie meiner jetzt nicht weiter bedürfe, »Und,« fügte sie hinzu, »ich bin Ihnen außerordentlich verbunden für Ihre außerordentlichen Dienste und Ihr diskretes Verhalten. Es ist freilich ein großer Unterschied, ob man mit Ihnen lebt oder mit Georgina. Sie tragen Ihre eigene Last im Leben und quälen und belästigen niemand. Morgen,« fuhr sie fort, »begebe ich mich nach dem Kontinent. Ich werde meinen Aufenthalt in einem frommen Hause bei Lisle nehmen – ein Nonnenkloster, wie man es zu nennen pflegt. Dort werde ich ruhig und ungestört leben. Ich werde mich für einige Zeit der Prüfung des römisch-katholischen Dogmas widmen und sorgfältig die Werke über das System dieser Lehre prüfen. Wenn ich finde – wie ich es halb und halb erwarte – daß es dasjenige ist, welches darauf berechnet ist, alle Dinge des Lebens in guter Ordnung und ruhig ausführen zu können, so werde ich mich zu den Lehren bekennen, welche von Rom ausgegangen sind, und wahrscheinlich den Schleier nehmen,«

Ich drückte durchaus kein Erstaunen über diesen Entschluß aus und versuchte ebensowenig, sie von de