: Petra Spielberg
: Tödlicher Taunus Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960419280
: 1
: CHF 8.30
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 240
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kundig, humorvoll und packend erzählt. Die Aufklärung von Mordfällen gehört eigentlich nicht in Hella Ohlsens Aufgabenbereich. Doch als ein Elefant in der hessischen Kurstadt Bad Schwalbach aus einem Wanderzirkus ausbricht und einen Menschen tötet, fühlt sich die Landestierschutzbeauftragte verpflichtet, der Kriminalpolizei bei ihren Ermittlungen zu helfen. Zusammen mit Hauptkommissar Bernd Lohmann und der Journalistin Friederike Roth kommt sie dabei behördlichem Klüngel und militanten Tierrechtlern auf die Spur ...

Petra Spielberg, geboren 1966, studierte Kommunikationswissenschaften, romanische Sprachwissenschaften und Politikwissenschaften in Münster. Nach dem Studium arbeitete sie zunächst als fest angestellte Redakteurin, später als freie Korrespondentin für gesundheits- und wirtschaftspolitische Fachverlage in Köln, Wiesbaden und Brüssel. Seit 2011 lebt sie in der Nähe von Wiesbaden.

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Zwei Tage zuvor

Das rot-weiß gestreifte Zirkuszelt mit seinen beiden spitzen Kuppeln, auf denen zwei leuchtend rote Fähnchen im Wind flatterten, stach Hella bereits aus einiger Entfernung ins Auge. Verlassen lag die Alte Bahnmeisterei zu ihrer Linken, als sie der Bundesstraße die letzten hundert Meter bis zur Abzweigung folgte. Wo früher die Bäderbahn zwischen der Weltkurstadt Wiesbaden und dem Frauenheilbad Langenschwalbach verkehrt und sich das gesellschaftliche Leben und der europäische Adel in das altehrwürdige hessische Heilbad ergossen hatten, stand jetzt nur noch ein rostiger Waggon, wie das vergessene Relikt einer historischen Epoche.

Sie setzte den Blinker und rumpelte mit ihrem schmutzig grauen Geländewagen, dessen Beifahrerraum mit Bonbonpapier übersät war und dessen Rückbank unter einer stark verfilzten Wolldecke verschwand, über die stillgelegten Gleise. Der Festplatz des Kurstädtchens, der sich unmittelbar neben der Abbiegung befand, duckte sich tief in den Schatten eines Taunusausläufers. Vor dem Zirkuszelt erblickte Hella eine größere Menschentraube.

»Ach du Scheiße, Demonstranten, die haben mir gerade noch gefehlt«, fluchte sie leise, während sie ihren Wagen auf den nahe gelegenen Parkplatz eines Discounters lenkte und sich in eine der letzten freien Parklücken quetschte.

Der Aufruhr gegen die unliebsamen Gäste würde ihr das bevorstehende Gespräch nicht gerade leichter machen. Nur mit äußerstem Missmut hatte der Direktor vom Zirkus Carina, mit dem sie heute früh telefoniert hatte, zur Kenntnis genommen, dass sie sich aufgrund einer Anzeige die Haltungsbedingungen seiner Tiere näher anschauen musste. Als hessische Landestierschutzbeauftragte war es nun mal ihr Job, dafür zu sorgen, dass Tierhalter Gesetze und Regelungen zum Tierwohl befolgten. Und sollte der Zirkus seine Elefantenkuh Leila, mit der er durch die Lande tingelte, wie vom Aktionsbündnis Tierrechte Hessen angemahnt, als Einzeltier halten, verstieß dies eindeutig gegen die tierschutzrechtlichen Vorschriften. Elefanten waren Herdentiere und nicht für das Alleinsein geschaffen. Daher musste sie einschreiten, ob es dem Zirkusdirektor passte oder nicht.

Hella vermutete, dass es sich bei dem Grüppchen vor dem Zirkuszelt um Mitglieder ebenjenes Aktionsbündnisses handelte, die gekommen waren, um ihrem Protest Nachdruck zu verleihen. Sie wusste, dass die militanten Tierrechtsvertreter es am liebsten sähen, wenn sie kurzen Prozess mit dem Zirkus machte und die Elefantendame gleich mitnähme, um sie in einen Tierpark oder eine Auffangstation für Wildtiere zu überführen. Doch so leicht ließen sich die Dinge auf behördlicher Ebene nicht regeln, und Hella hatte nicht die geringste Lust, sich vor den Aktivisten deswegen rechtfertigen zu müssen.

Sie stieg aus und lief unter einem von zarten Schleierwolken bedeckten Himmel ein Stück zurück zur Abzweigung. Seit Wochen hatte es nicht mehr geregnet, und die Natur lechzte nur so nach Wasser. Hella hoffte inständig, dass die durchscheinenden Wolkengebilde den ersehnten Wetterwechsel brächten.

Augen zu und durch, sagte sie sich, bevor sie die Straßenseite wechselte und zügigen Schrittes über den Festplatz marschierte,