: John Grisham
: Feinde Roman
: Heyne
: 9783641305277
: 1
: CHF 17.60
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 544
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Biloxi, Mississippi: Die Einwanderersöhne Keith und Hugh wachsen in den Sechzigerjahren gemeinsam auf, verbunden durch eine scheinbar unverbrüchliche Freundschaft. Bis sie sich auf den verschiedenen Seiten des Gesetzes wiederfinden: Keith hat Jura studiert und ist Staatsanwalt geworden. Hugh dagegen arbeitet für seinen Vater, einen Boss der Dixie-Mafia. Eine tödliche Feindschaft entsteht, die vor Gericht ein dramatisches Finale findet.

John Grisham ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Seine Romane sind ausnahmslos Bestseller. Zudem hat er ein Sachbuch, einen Erzählband und Jugendbücher veröffentlicht. Seine Werke werden in fünfundvierzig Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.

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Vor hundert Jahren war Biloxi ein geschäftiger Urlaubs- und Fischerort an der Golfküste. Einige der zwölftausend Einwohner arbeiteten im Schiffbau, andere in den Hotels und Restaurants, doch die meisten verdienten sich ihren Lebensunterhalt mit den Meeresfrüchten, die dort aus dem Wasser geholt wurden. Es waren Einwanderer aus Osteuropa, meist aus Kroatien, wo ihre Vorfahren seit Jahrhunderten in der Adria gefischt hatten. Die Männer heuerten auf den Schonern und Kuttern an und ernteten die Meeresfrüchte aus dem Golf, während die Frauen und Kinder für zehn Cent die Stunde Austern öffneten und Garnelen verpackten. In einer als Back Bay bekannten Gegend standen dicht an dicht vierzig Konservenfabriken. 1925 verschickte Biloxi zwanzig Millionen Tonnen Meeresfrüchte in den Rest des Landes. Die Nachfrage war so groß, das Angebot so gewaltig, dass die Stadt als »Meeresfrüchte-Hauptstadt der Welt« galt.

Die Einwanderer lebten in Baracken oder kleinen, ärmlichen Häusern auf dem Point Cadet, einer Halbinsel am östlichen Stadtrand von Biloxi, nur ein paar Schritte von den Stränden des Golfs entfernt. Ihre Eltern und Großeltern waren Polen, Ungarn, Tschechen und Kroaten, die sich innerhalb kurzer Zeit an die Gepflogenheiten ihrer neuen Heimat angepasst hatten. Die Kinder lernten Englisch, brachten es ihren Eltern bei und benutzten zu Hause nur noch selten ihre Muttersprache. Die meisten Nachnamen waren für die Beamten der Einwanderungsbehörde unaussprechbar gewesen und im Hafen von New Orleans und auf Ellis Island geändert und amerikanisiert worden. Auf den Friedhöfen in Biloxi gab es Grabsteine mit Namen wie Jurkovich, Horvat, Conovich, Kasich, Rodak, Babbich und Peranich, die verstreut zwischen denen von Smith, Brown, O’Keefe, Mattina und Bellande standen. Am Anfang blieben die Einwanderer für sich und unterstützten sich gegenseitig, doch ab der zweiten Generation heirateten sie in die ansässigen französischen und angloamerikanischen Familien ein.

Es war die Zeit der Prohibition, und im tiefen Süden der Vereinigten Staaten versagten sich die meisten der rechtschaffenen Baptisten und Methodisten den Genuss von Alkohol. Doch die Menschen europäischer Abstammung und katholischen Glaubens an der Küste hielten nicht viel davon, enthaltsam zu leben. Genau genommen war Biloxi nie trocken, trotz des Achtzehnten Zusatzartikels zur Verfassung. Obwohl 1920 Herstellung, Transport und Verkauf von Alkohol landesweit verboten waren, bekam man dort kaum etwas davon mit. Die Bars, Spelunken, Pubs und exklusiven Clubs der Stadt blieben nicht nur offen, sie florierten sogar. Illegale Kneipen waren nicht notwendig, schließlich gab es Bier und Schnaps an jeder Ecke, und niemand, vor allem nicht die Polizei, interessierte sich für das Alkoholverbot. Biloxi entwickelte sich zu einem beliebten Ziel für Südstaatler mit ausgedörrten Kehlen. Dazu kamen