: Kendare Blake
: Die Orakelkönigin Short-Story
: Penhaligon
: 9783641234102
: 1
: CHF 0.80
:
: Fantasy
: German
Eine Kurzgeschichte über die legendäre Orakelkönigin aus der Welt von 'Der schwarze Thron'
Drillingsköniginnen auf der Insel Fennbirn werden mit unterschiedlichen magischen Begabungen geboren. Doch kommt eine Orakelkönigin auf die Welt, die die Gabe des Hellsehens besitzt, wird sie sofort ertränkt. Niemals darf eine Seherin um den Thron Fennbirns kämpfen, da sie den Wettstreit durch ihre Gabe zu ihren Gunsten beeinflussen könnte ... Dies war nicht immer so. Erst die Herrschaft von Königin Elsabet machte diese brutale Maßnahme nötig. Denn sie war die letzte Orakelkönigin, und ihre Herrschaft war gezeichnet von Blut und Gewalt - so sagt es die Legende. Doch ist es die Wahrheit?

Kendare Blake studierte in London Creative Writing, ehe sie ihre Leidenschaft zum Beruf machte. Die »New York Times«-Bestsellerautorin hat bereits mehrere Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht, der große Durchbruch aber gelang ihr mit der düsteren Fantasy-Saga »Der Schwarze Thron«. Kendare Blake wurde in Südkorea geboren und lebt heute in Kent, Washington. Die Tierfreundin liebt Reisen, Schokolade und Computerspiele.

In den Königlichen Gärten

Später am Tag saß Elsabet, die Orakelkönigin, in dem rechteckigen, grün gehaltenen Garten an der Südwestseite des Volroy. Sie hatte es sich in einem Polstersessel an einem grauen Steintisch bequem gemacht und spielte mit ihren engsten Vertrauten Karten. Ein schwarzer Baldachin spendete angenehmen Schatten.

»Legst du dann langsam mal ab, Gilbert? Oder willst du so lange warten, bis wir vergessen haben, welches Spiel wir spielen?«

Gilberts schmale Lippen wurden noch schmaler, während er angestrengt die Karten in seiner Hand musterte. Dann legte er eine vor sich auf den Tisch, die Elsabet sich sofort grinsend schnappte.

»Genau das, was ich gebraucht habe.«

»Verdammt.« Stirnrunzelnd fuhr er sich durch die dunkelblonden Haare. »Ich bin einfach aus der Übung. Irgendwie will kaum jemand mit einem Seher Karten spielen. Als ob unsere Gabe so funktionieren würde!«

»Allerdings. Um einen so erbärmlichen Spieler wie dich zu schlagen, braucht man keine Sehergabe.« Mit einem fröhlichen Lachen legte Elsabet ihr Siegerblatt auf dem Tisch ab.

»Verdammt.«

Lächelnd sah sie zu, wie er die Karten einsammelte und anfing zu mischen. Gilbert Lermont war ihr Ziehbruder. Sie waren gemeinsam in der weißen Stadt Sonnenmulde aufgewachsen, und die wenigen Gelegenheiten, bei denen er sie im Kartenspiel geschlagen hatte, konnte sie an einer Hand abzählen. Doch er konnte es gerne auf mangelnde Übung schieben. Schließlich wusste sie, wie er sich fühlte – allein in einer neuen Stadt, in der es kaum Propheten gab.

»In letzter Zeit habe ich oft an zu Hause gedacht«, sagte sie schließlich.

Gilberts dunkle Augenbrauen zuckten kurz, als er ihr einen verstohlenen Blick zuwarf. Auch Bess, ihre Lieblingszofe, und Rosamund Antere, die als Kommandantin der Königlichen Garde wie immer in Elsabets Nähe war, sahen die Königin prüfend an.

»Indridskamm ist jetzt unser Zuhause, Elsie.«

Elsabet runzelte irritiert die Stirn. »Kann man nicht an zwei Orten zu Hause sein? Ich meine ja nur … Ich war gerne dort, bevor das alles hier losging.« Mit einer knappen Geste zeigte sie auf die Silberkrone mit den milchigen Steinen, die auf ihrem Kopf festgewachsen zu sein schien. »Es fehlt mir, mich unter Menschen zu bewegen, die wissen, wie es ist, die Sehergabe zu haben. Die wissen, wie sie funktioniert. Hier sehen mich die Leute an, als wäre ich eine fremdartige Kuriosität. Und sie erwarten, dass jeder Tag bei Hofe voller Wunder ist. Als müsste ich ständig große Prophezeiungen ausspucken: zwei pro Nachmittag, und eine vor dem Frühstück.«

Sie griff nach ihren neuen Karten, legte sie aber sofort wieder weg, als Bess ihr einen Becher mit Gilberts Tonikum hinschob.

»Ich will keines mehr. Es schmeckt bitter.«

»Bitte«, sagte Bess nachdrücklich. »Deine Krankheit macht den Menschen Sorgen.«

»Es waren nur Kopfschmerzen. Und ein wenig Staub in der Lunge, von der Jagd.« Doch Elsabet trank das Tonikum aus, schon weil sie Bess lächeln sehen wollte. »Außerdem waren sie nicht besorgt, höchstens genervt.«

»Vielleicht solltest du etwas weniger häufig zu spät kommen«, schlug Gilbert vor, während er seine Karten sortierte.

»Das würde nichts ändern. Mein Schwarzer Rat kann mich nicht leiden, weil ich die Dinge nicht so handhabe, wie sie es gerne hätten. Und warst nicht du es, Gilbert, der mir gesagt hat, ich solle al