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Der sensationelle Geheimdienst
Der Tag, an dem der Tod nach Mont Saint-Michel kam, begann mit dem größten Fest, das die Insel je gesehen hatte. Es war Juni und heiß, der Himmel war wolkenlos, die See spiegelglatt, und das ganze Schloss war anlässlich der Hochzeit zweier Agenten mit duftenden Blumen geschmückt. Auf einer Wiese standen Stühle für die knapp einhundert Gäste bereit, die hier im Jahr 1820 aus allen Ecken der Geschichte zusammengekommen waren und sich in den verschiedensten Sprachen unterhielten.
Miriam Djones schob sich aufgeregt durch die Menge. Sie trug ein ausladendes Rüschenkleid und einen reichlich exotischen, mit Früchten und Palmblättern verzierten Hut. »Hat irgendjemand Jake gesehen?«, fragte sie, erhielt aber nur Kopfschütteln oder Achselzucken als Antwort. »Er ist als einer der Platzanweiser eingeteilt«, fügte sie leicht gereizt hinzu.
»Jemand ist in der Waffenkammer und veranstaltet einen ziemlichen Lärm«, sagte endlich einer der umstehenden Männer. Er trug ein Kreuzritterkostüm und nippte genüsslich an seinem Champagnercocktail. »Vielleicht ist er ja dort.«
Miriam bedankte sich mit einem knappen Nicken, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte im Stechschritt zu einem der Außengebäude, wo die Agenten Kampf- und Schwerttechniken übten. Im Näherkommen hörte sie die Musik, die in ohrenbetäubender Lautstärke aus der Waffenkammer dröhnte: WagnersRitt der Walküren. Jake war also dort. Seit Wochen hörte er nichts anderes als das aufpeitschende Orchesterstück. Miriam wurde rot vor Zorn und stürmte nach drinnen.
In einer Ecke stand ein Grammophon, das natürlich noch gar nicht erfunden war, genauso wenig wie die Lautsprecher, aus denen die Musik brüllte. Kommandantin Goethe war jedoch selbst eine leidenschaftliche Musikliebhaberin, und deshalb gestattete sie unter gewissen Auflagen solch eine Benutzung der Geräte.
Am anderen Ende des Raums sah Miriam einen fünfzehnjährigen Jungen, der sich, nur mit Kniehosen und einem weiten Hemd bekleidet, ein Schwertduell mit einem Roboter lieferte. Der Gegner bestand ganz aus Metall und hatte acht Arme, die mit unfassbarer Geschwindigkeit hieben, schlugen und stachen. Der Junge parierte ebenso schnell, und aus der Entfernung sah es beinahe aus, als hätte er ebenfalls acht Arme. Einziger anderer Zuschauer war ein bulliger Mastiff, der jede Bewegung seines Herrn genau verfolgte.
»Jake!«, schrie Miriam über den Lärm der Walküren hinweg, stampfte auf das Grammophon zu und klappte mit einem Ruck den Tonabnehmer hoch. Die Nadel kratzte so schauerlich über das Schellack, dass der Mastiff die Ohren anlegte.
»Jake!«
»Mum …« Endlich drehte sich Jake zu ihr um. »Ich hab dich gar nicht kommen hören.«
Miriam musste zweimal hinschauen. Ihr Sohn wuchs in letzter Zeit so schnell, dass er jedes Mal, wenn sie ihn sah, ein Stückchen erwachsener wirkte. Er war erst vor drei Monaten fünfze