: Harlan Coben
: In deinem Namen Thriller
: Goldmann
: 9783641220709
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Fünfzehn Jahre ist es her, dass Detective Nap Dumas seinen Zwillingsbruder Leo verlor. Damals wurden Leo und dessen Freundin Diana unter mysteriösen Umständen tot auf den Eisenbahngleisen ihrer Heimatstadt in New Jersey gefunden. Damals verschwand auch Maura, Naps große Liebe, ohne ein Wort des Abschieds. Als jetzt im Wagen eines Mordverdächtigen Mauras Fingerabdrücke auftauchen, hofft Nap, endlich Antworten zu bekommen. Doch stattdessen stößt er nur auf immer neue Fragen: über die Frau, die er einst liebte, über eine verlassene Militärbasis und vor allem über Leo und Diana. Denn die Gründe, warum sie sterben mussten, sind dunkel und gefährlich ...

Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Nachdem er zunächst Politikwissenschaft studiert hatte, arbeitete er später in der Tourismusbranche, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine Thriller wurden bisher in 45 Sprachen übersetzt, erobern regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten und wurden zu großen Teilen verfilmt. Harlan Coben, der als erster Autor mit den drei bedeutendsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet wurde - dem Edgar Award, dem Shamus Award und dem Anthony Award -, gilt als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Thrillerautoren seiner Generation. Er lebt mit seiner Familie in New Jersey.

Daisy trug ein eng anliegendes schwarzes Kleid, mit einem Dekolleté, das solch tief greifende Einsichten vermittelte, dass es Philosophie hätte lehren können.

Sie entdeckte ihre Zielperson auf einem Hocker am hinteren Ende des Tresens. Er trug einen grauen Nadelstreifenanzug. Hmm. Er war alt genug, um ihr Vater sein zu können. Möglicherweise würde das ihr Vorgehen erschweren – musste es aber nicht. Bei alten Knackern wusste man nie. Manche, besonders die frisch geschiedenen, waren ganz wild darauf zu beweisen, dass sie es noch draufhatten. Das galt auch für diejenigen, die »es‹« schon früher nicht draufgehabt hatten. Besonders für diejenigen, die es schon früher nicht draufgehabt hatten.

Als Daisy durch die Bar schlenderte, spürte sie, wie die Blicke der männlichen Gäste ihre nackten Beine hinaufkrochen. Am Ende des Tresens erklomm sie etwas theatralisch den Hocker neben ihm.

Die Zielperson starrte in das vor ihm stehende Whiskeyglas wie eine Zigeunerin in ihre Glaskugel. Daisy wartete darauf, dass er sich ihr zuwandte. Das tat er nicht. Sie musterte sein Profil einen Moment lang. Der dichte, graue Bart. Die Knollennase mit der wachsartigen Haut, die ein wenig wie eine Hollywood-Spezialanfertigung aus Silikon wirkte. Die langen, strähnigen Wischmopp-Haare.

Vermutlich seine zweite Ehe, dachte Daisy. Und somit auch die zweite Scheidung.

Dale Miller – so hieß ihre Zielperson – griff behutsam nach seinem Whiskeyglas und umfasste es mit beiden Händen, als wäre es ein verletzter Vogel.

»Hi«, sagte Daisy und warf routiniert die Haare nach hinten.

Miller wandte ihr den Kopf zu. Er sah ihr direkt in die Augen. Sie wartete darauf, dass sein Blick den Ausschnitt hinabwanderte – verdammt, selbst Frauen konnten sich das nicht verkneifen, wenn sie dieses Kleid trug –, doch er sah ihr weiter in die Augen.

»Hallo«, antwortete er. Dann drehte er sich um und starrte wieder in seinen Whiskey.

Normalerweise ließ Daisy sich von der Zielperson anbaggern. Das war ihre Lieblingstechnik. Sie lächelte und sagte auf diese gewisse Art »Hi«, worauf der Mann fragte, ob er ihr einen Drink ausgeben dürfe. Sie kennen das. Aber Miller war offenbar nicht in Flirtlaune. Er nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. Dann noch einen.

Das war gut. Das Saufen. Das machte es einfacher.

»Kann ich irgendetwas für Sie tun?«, fragte er.

Vierschrötig, dachte Daisy. Das Wort beschrieb ihn am besten. Selbst im Nadelstreifenanzug hatte er diese vierschrötige Vietnam-Veteran-Motorradfahrer-Ausstrahlung. Seine Stimme war tief und rau. Daisy fand diesen Typ älterer Männer sexy, vermutlich machte sich da ihr legendärer Vaterkomplex bemerkbar. Sie mochte Männer, in deren Gegenwart sie sich geborgen fühlte.

Und es war sehr lange her, dass sie mit einem solchen Mann zusammen gewesen war.