: Manuela Inusa
: Morgen und die Ewigkeit danach
: cbt Jugendbücher
: 9783641262679
: 1
: CHF 8.00
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 320
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Echte Liebesgeschichten haben kein Ende
Als Nathalie in der Psychiatrie Lucas kennenlernt, ist da sofort etwas Besonderes zwischen ihnen. Beide spüren es und doch können beide es nicht zulassen. Nathalie nicht, weil sie nach dem Unfalltod ihres kleinen Bruders unter der Last der Schuldgefühle verstummt ist. Lucas nicht, weil er den Glauben daran verloren hat, dass ihn irgendwer auf dieser Welt noch brauchen könnte. Erst als die beiden beginnen, einander, dem Leben und der Liebe wieder zu vertrauen, zeigt sich für sie Hoffnung auf Heilung und einen Neuanfang.

Manuela Inusa wurde 1981 in Hamburg geboren und wollte schon als Kind Autorin werden. Kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag sagte die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin sich: »Jetzt oder nie!« Nach einigen Erfolgen im Selfpublishing erscheinen ihre aktuellen Romane bei Blanvalet. Ihre Valerie-Lane-Reihe verzauberte die Herzen der Leserinnen und eroberte auf Anhieb die SPIEGEL-Bestsellerliste, genau wie ihre Kalifornische-Träume-Reihe. Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann und ihren beiden Kindern in einem idyllischen Haus auf dem Land. In ihrer Freizeit liest und reist sie gern, außerdem liebt sie Musik, Serien, Tee und Schokolade.

VIER

Wenn Kakteen mit ihren Stacheln, so unnahbar und verletzend, deine besten Freunde sind, was sagt das dann über dich aus?

»Wie fühlst du dich heute?«, fragt Doc Fynn, als ich ihr an diesem Nachmittag gegenübersitze. Sie mustert mich mit ihren blauen Augen über die Brille hinweg, die farblich zu ihrer bordeauxroten Bluse passt. Ihre blonden Haare sind wie immer zu einem strengen Dutt gesteckt.

Erwartet sie wirklich eine Antwort? Zumindest sieht sie mich so an. Als hätte ich ihr in den letzten fünfunddreißig Tagen immer eine Antwort gegeben, statt vor mich hin zu schweigen.

Die ersten drei Tage nach dem Selbstmordversuch lag ich auf der Krankenstation in Haus A, danach haben sie mich hierher ins Haus F verlegt. Das Haus F besteht aus drei Ebenen, in der zweiten sind die Mädchen untergebracht, in der dritten die Jungen. Wir treffen dreimal am Tag zum Essen in derCafeteria aufeinander, wie sie den Speisesaal nennen, der sich neben den Behandlungszimmern unten im Erdgeschoss befindet. Nur hat man nicht wie in einer richtigen Cafeteria die Auswahl zwischen mehreren Gerichten, sondern muss das essen, was es gibt. Dabei kann man natürlich kleine Wünsche äußern, um statt Reis, Bohnen und Hühnchen lieber Reis und zwei Portionen Bohnen oder auch dreimal Hühnchen zu bekommen. Aber ich äußere nie irgendwelche Wünsche. Ich äußere ja gar nichts. Ich nehme das, was man mir auf den Teller füllt, und auch davon esse ich so gut wie nichts.

Ich esse seit dem Vorfall nicht mehr regelmäßig. Schlafe schlecht. Jedes Mal, wenn ich es doch schaffe einzudämmern, träume ich schreckliche Sachen und wache völlig panisch und schweißgebadet auf. Dr. Fynn weigert sich, mir Schlafmittel zu verschreiben, auch wenn meine Mutter sie mehrmals darum gebeten hat. Doc Fynn meint, es würde sich alles legen, wenn ich endlich über das Erlebte sprechen, wenn ich nicht mehr alles in mich hineinfressen würde.

Da liege ich lieber die Nächte wach.

Auch jetzt erwartet sie also wieder, dass ich rede. Nachdem wir uns gut fünf Minuten lang schweigend angestarrt haben, seufzt sie und sagt: »Wie lief es mit der Aufgabe, die ich dir gestern mitgegeben habe?«

Ich zucke die Achseln.

»Hast du sie erledigt?«

Ich nicke. Bin kurz besorgt, dass Doc Fynn mein Tagebuch sehen will. Das hat sie bisher noch nie verlangt, und ich habe ganz bestimmt nicht vor, es ihr zu geben. Lieber zerreiße ich es in Fetzen.

Doch Doc Fynn nickt nur zufrieden und lächelt mich dann an.

»Wie ich höre, hat deine Mutter morgen Geburtstag.«

Ja, das hat sie.

Da sie mich weiter anstarrt, nicke ich irgendwann.

»Möchtest du sie sehen?«

Ich schüttle den Kopf.

»Möchtest du ihr einen Brief schreiben?«

Wieder schüttle ich den Kopf. Ich wüsste nicht, was ich schreiben sollte.

»Eine Karte vielleicht? Du könntest einfachHappy Birthdaydraufschreiben. Oder nur deinen Namen. Sie