KAPITEL 1
»Ein Kamillentee mit Milch, bitte schön«, sagte Laurie und stellte die hübsche blaue Tasse auf dem metallenen weißen Tisch ab, an dem Mrs. Kingston, eine ihrer Stammkundinnen, Platz genommen hatte. Es war bereits ihre zweite Tasse. In der letzten halben Stunde hatte die Tratschtante der Gegend Laurie auf den neuesten Stand gebracht, was die Valerie Lane und die Umgebung betraf, während sie das Teeregal aufgefüllt hatte.
»Ich habe gehört, Sophie hat endlich ihren Archie verlassen«, berichtete Mrs. Kingston mit großen Augen. »Können Sie sich das vorstellen? Nach all den Jahren der Demütigung ist sie endlich aufgewacht.«
»Ehrlich?«, fragte Laurie. Wenn das stimmte, würde es sie wirklich freuen. Sophie war ebenfalls eine Stammkundin. Ihr Mann war ein notorischer Fremdgänger, und die Gute hatte das viel zu lange mitgemacht.
»Ich hab’s gehört.« Mrs. Kingston nickte bekräftigend, sodass ihre gewaltige Dauerwelle auf und ab wippte.
Laurie musste lächeln. Sie fragte lieber nicht nach, woher Mrs. Kingston das wusste. Die Frau hatte ihre Augen und Ohren nämlich überall und belauschte nur zu gerne die Unterhaltungen anderer. Es war schon ein bisschen gruselig, wie viel sie mitbekam, Laurie hatte fast Angst, überhaupt noch irgendwem irgendwas zu erzählen. Am Ende war nämlich sicher, dass auch Mrs. Kingston Wind davon bekommen würde.
»Wie geht es Ihrer Enkelin?«, fragte sie nun nach.
»Oh, Tanya geht es gut, danke. Sie schwärmt jetzt für irgend so einen Sänger, hab seinen Namen vergessen.«
Laurie fiel auf die Schnelle nur Justin Bieber ein, aber der war wahrscheinlich längst Schnee von gestern. Sie war wirklich nicht mehr auf dem Laufenden, was Teenie-Idole anging, und es würde noch eine ganze Weile dauern, bis es wieder so weit sein würde.
»Ich habe damals total für Liam Gallagher von Oasis geschwärmt«, erzählte sie Mrs. Kingston. Sie war fast achtunddreißig, Teenie-Schwärmereien schienen eine Ewigkeit her.
»Kenne ich leider nicht. Sah er gut aus?«
»Oh ja. Das tut er immer noch.«
»Ich für meinen Teil war ja bis über beide Ohren in Paul Anka verknallt.«
»Paul Anka?« Laurie musste lachen. »Das war doch einer dieser amerikanischen Schnulzensänger, oder?«
»Ja, genau. Und der ist auch heute noch ziemlich heiß.« Mrs. Kingston grinste frech, und Laurie legte ihr eine Hand auf die Schulter.
»Sie sind mir ja eine. Passen Sie nur auf, dass ich das Ihrem Willy nicht erzähle.«
»Ach«, winkte sie ab. »Der steht auf Jane Fonda. Da istnichts dabei, wenn wir ein bisschen für andere schwärmen. Das hält unsere Ehe jung.«
Laurie lächelte vergnügt. Sie fragte sich, ob Barry und sie in dreißig Jahren auch noch so gut miteinander klarkämen. Doch, eigentlich war sie sich da ziemlich sicher. Sie waren einfach füreinander bestimmt, und seit er in ihr Leben getreten war, war sie so glücklich wie nie zuvor.
»Wie geht es denn Ihrer kleinen Familie?«, erkundigte sich Mrs. Kingston jetzt.
»Der geht es wunderbar«, antwortete Laurie und öffnete eine Kiste mit Hagebuttentee. »Alle sind wohlauf.«
»Das freut mich zu hören.«
In dem Moment klingelte das Telefon. Laurie sah sich nach ihrer Mitarbeiterin Hannah um, die aber anscheinend hinten im Lager war, und ging dann selbst ran.
»Laurie’s Tea Corner, was kann ich für Sie tun?«
»Hi, Schatz, ich bin es.«
»Gut, dass du anrufst. Ich hatte vergessen zu fragen, ob du die Mädchen heute bei deinen Eltern abholst oder ob ich das machen soll.«
»Ich mach das schon.«
»Hast du kein Fußballtraining?«
»Die halbe Mannschaft ist