KAPITEL 1
»Hast du Lust, heute Abend ins Kino zu gehen?«, fragte Orchid ihren Freund Patrick einige Tage später am Telefon und spielte dabei mit einer Haarsträhne, die sie sich mehrmals um den Finger wickelte.
»Wenn du willst«, antwortete Patrick gefügig.
Das war wieder einmal so eine typische Antwort. Orchid wusste nicht wirklich, was sie davon halten sollte.
»Wenn ich nicht wollte, hätte ich dich ja nicht extra angerufen und gefragt«, erwiderte sie und bemühte sich, guter Stimmung zu bleiben. »Also? Hast du auch Lust?«
»Klar. Was gibt es denn?«
»Wollen wirShape of Water gucken? Der hat mehrere Oscars bekommen, und ich will ihn mir schon seit Wochen ansehen.«
»Okay. Wenn du das gern möchtest, bin ich dabei.«
»Andererseits bist du diesmal dran mit Aussuchen«, sagte Orchid, denn sie wollte nicht immer für Patrick mit entscheiden. »Du kannst ja schon mal googeln, was sonst noch läuft. Am besten hole ich dich von der Arbeit ab, das Kino ist näher an deinem Laden.«
»Es ist nicht mein Laden.«
»Du weißt doch, wie ich es meine.«
Patrick hatte im Gegensatz zu ihr nicht das Glück, ein eigenes Geschäft zu besitzen, sie glaubte aber auch nicht, dass er das unbedingt wollte. Patrick war mit dem zufrieden, was er hatte: einem Job als Handyverkäufer Schrägstrich Handyreparateur. Er bekam einfach jedes Mobiltelefon wieder hin, sogar wenn es in die Toilette gefallen war oder Ähnliches.
»Dann sehen wir uns gegen Viertel nach sechs?«, fragte sie.
»Klar. Ich hab Kundschaft und muss auflegen. Bis später.«
»Bis später. Ich freu mich.«
»Ich mich auch.« Er legte auf, und Orchid hörte nur noch einen langgezogenen Piepton.
Sie überlegte gerade, ob sie rüber zu Laurie huschen und sich einen Tee holen sollte, als ihre Ladenglocke erklang. Es war einer dieser elektrischen Bewegungsmelder, der zwanzig Sekunden lang den Refrain vonHere Comes the Sun von den Beatles spielte. Auch nach knapp drei Jahren zauberte er ihr noch immer ein Lächeln ins Gesicht, denn dieser Song bedeutete Kundschaft – Menschen, die sich extra in die Valerie Lane und in ihren kleinen Laden begaben, um hier etwas zu kaufen, womit sie ihren Lieben eine Freude machen konnten. Diese Kunden hätten natürlich auch in eines der großen Geschäfte in der Cornmarket Street gehen können; dass sie dennoch zu ihr kamen, bedeutete für Orchid die Welt.
Zwei Jahre und zehn Monate lang durfte sie ihren Traum nun schon leben. So lange besaß sie ihren Gift Shop, nachdem sie jahrelang hier und da gejobbt und sich nirgends wirklich wohlgefühlt hatte. Überhaupt war sie damals ein ziemlich ruheloser Mensch gewesen. Deshalb hatte ihre Schwester Phoebe sie auch mit in den tollen Teeladen an der Ecke geschleppt, den sie kurz zuvor entdeckt hatte. Dieser führte eine Auswahl an Beruhigungstees, die Phoebe ihr andrehen wollte. Doch auch wenn sie Laurie’s Tea Corner gleich total niedlich und gemütlich fand und die Inhaberin ihr unglaublich nett vorkam, waren irgendwelche Kräutertees nicht das, was sie brauchte, um zur Ruhe zu kommen. Das, was ihr dann wirklich half, war der Bummel durch die Läden der hübschen kleinen Einkaufsstraße, den sie und ihre Schwester unternahmen. Sie sahen sich im Antiquitätenladen um und kauften sich Schokolade bei Keira und ein Eis in Donna’s Ice Cream Parlour. Als Orchid Donna gegenüber erwähnte, wie schön sie es hier in der Valerie Lane fand, erzählte diese ihr, dass der leere Laden nebenan noch zu haben sei.
»Ehrlich? Er ist noch nicht vergeben? Bei dieser Lage?«, staunte Orchid.
»Bisher noch nicht, soweit ich weiß.«
Sofort kamen Orchid eine Million Ideen, was man mit ein