Wer unsere Situation für verworren hält, leidet an Untertreibung. Sie ist jeder Anschauung entzogen. Überkomplex. Überkompliziert. Ein Sinnfadengewebe mit lauter losen Enden und Fransen, die ins Undurchschaubare fasern. Das Gewebe selbst besteht aus unterschiedlichen Lagen, ist eher ein Knäuel, hier knotig, da löchrig, dort mehrfach ineinandergefältet, aus den unterschiedlichsten Materialien, manches mit schneller Verfallszeit, manches von langer Haltbarkeit, manches so gut wie unzerstörbar.
Da scheint es eine Realität zu geben, die uns affiziert. Wir erfassen von ihr, was unsere Sinne zulassen. Wir behandeln sie. Wir kultivieren sie. Wir greifen ein und ändern sie und sie ändert uns. Wir arbeiten uns aneinander ab. Wir verstoffwechseln uns gegenseitig. Der Prozess beginnt schon weit vor uns. Bei Qualle und Wurm und Springmaus. Ihre evolutionäre Leistungen schreiben sich in die Sequenzen unserer Gene ein, eine Art Knotensprache, die uns lebenstüchtig macht, nicht zuletzt indem sie unsere Wahrnehmungsfähigkeit begrenzt. Dazu der Austausch mit dem Kollektiv von den ersten embryonalen Zellteilungen an. Vor jedem Ich wirken andere. Sie sozialisieren mich. Kultivieren mich, damit wir gemeinsam weiter die Realität kultivieren. Und die Kultur kultivieren. Kulturschicht um Kulturschicht übereinander lagern. Erfinden. Vergessen. Forschen. Streiten.
Wahrheit? Wo sollte die sein? In welchem endgültigen Weltbild zusammengefroren? Mythen haben es versucht. Religionen haben es versucht. Naturwissenschaften haben es versucht. Ihre angeblich soliden Fundamente sind immer wieder zerbröckelt. Dabei stehen wir nic