: Stefan Tomas Gruner
: Kains Erben I Literatur nach dem Einbruch der Lichtbrigaden
: Books on Demand
: 9783753467344
: 1
: CHF 8.10
:
: Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft
: German
: 440
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jahrhunderte schien hohe Dichtung nicht ohne religiöse Bezüge und Mythen auszukommen. Nach der Aufklärung - in einer Situation"transzendental r Obdachlosigkeit" - galt es auszuloten, ob es je eine vollkommen säkulare Dichtung geben könne. Vordergründig kein Problem; sieht man näher hin, verstecken sich bis heute religiöse bzw. transzendentale Andeutungen gerade in den ehrgeizigsten poetischen Werken. Offenbar ist es schwer - manche sagen unmöglich - die tiefe christliche, im weiteren Sinn am Transzendenten orientierte Prägung abzustreifen, ohne die Dichtung zu"entzaubern". Fehlt der Glaube an einen Schöpfergott, tritt der bisherige"imitator dei", der Mensch, als originärer Schöpfer auf. Das ist aus religiöser Sicht des Teufels. Genau dieses Bündnis mit dem Bösen gingen die Poeten ein. Luzifer verschmolz als Lichtbringer mit dem mythischen Feuerbringer Prometheus. Was vorher verwerflich war, wurde nun gefeiert: Sinnlichkeit, Sex, Grenzüberschreitung, Ungehorsam... Rückbesinnung auf die"primitiven" heidnischen,"naturnahen& uot; Ursprünge. Auch mit Konsequenzen für die Sprache: von rationalen Aussagen zu prälogischen, unbewusst produzierten Texten, am besten noch eine Stufe tiefer zur Gebärde, Pantomime, Tanz..."Kains Erben I" beschäftigt sich mit der Renaissance des Bösen, den Bewegungen zwischen Aufklärern und Gegenaufklärern und den diversen"Befreiungsschlä en" der Literatur von den religiösen Traditionen. Personen u.a.: Kierkegaard, Göring, Hamann, Hegel, Byron, Hofmannsthal, Brummel, Poe, Reich, Marcuse, Artaud, Fichte, Bataille, Ball, Arp, Schwitters, Valéry, Wiener, Barthes.

Stefan Tomas Gruner, In Leipzig geboren, in München und Bonn aufgewachsen, mehrjähriger Spanienaufenthalt, Dipl. Psychologe, Gesprächstherapeut, Verhaltenstrainer. Verheiratet, eine Tochter. Lebt zur Zeit in Bielefeld.

Vorab


Wer unsere Situation für verworren hält, leidet an Untertreibung. Sie ist jeder Anschauung entzogen. Überkomplex. Überkompliziert. Ein Sinnfadengewebe mit lauter losen Enden und Fransen, die ins Undurchschaubare fasern. Das Gewebe selbst besteht aus unterschiedlichen Lagen, ist eher ein Knäuel, hier knotig, da löchrig, dort mehrfach ineinandergefältet, aus den unterschiedlichsten Materialien, manches mit schneller Verfallszeit, manches von langer Haltbarkeit, manches so gut wie unzerstörbar.

Da scheint es eine Realität zu geben, die uns affiziert. Wir erfassen von ihr, was unsere Sinne zulassen. Wir behandeln sie. Wir kultivieren sie. Wir greifen ein und ändern sie und sie ändert uns. Wir arbeiten uns aneinander ab. Wir verstoffwechseln uns gegenseitig. Der Prozess beginnt schon weit vor uns. Bei Qualle und Wurm und Springmaus. Ihre evolutionäre Leistungen schreiben sich in die Sequenzen unserer Gene ein, eine Art Knotensprache, die uns lebenstüchtig macht, nicht zuletzt indem sie unsere Wahrnehmungsfähigkeit begrenzt. Dazu der Austausch mit dem Kollektiv von den ersten embryonalen Zellteilungen an. Vor jedem Ich wirken andere. Sie sozialisieren mich. Kultivieren mich, damit wir gemeinsam weiter die Realität kultivieren. Und die Kultur kultivieren. Kulturschicht um Kulturschicht übereinander lagern. Erfinden. Vergessen. Forschen. Streiten.

Wahrheit? Wo sollte die sein? In welchem endgültigen Weltbild zusammengefroren? Mythen haben es versucht. Religionen haben es versucht. Naturwissenschaften haben es versucht. Ihre angeblich soliden Fundamente sind immer wieder zerbröckelt. Dabei stehen wir nic