: Robin Hobb
: Das Geheimnis der Seelenschiffe - Die Händlerin Roman
: Penhaligon
: 9783641253851
: Die Seelenschiff-Händler
: 1
: CHF 8.00
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: Science Fiction, Fantasy
: German
Die große Trilogie von Weltbestsellerautorin Robin Hobb endlich als ungeteilte und überarbeitete Neuausgabe.
Ephron Vestrit war bis zu seinem Tod ein angesehener Händler, doch er hinterlässt seiner Familie hohe Schulden - und das SeelenschiffViviace. Seelenschiffe sind empfindungsfähig, aber erst wenn sie zu vollem Bewusstsein erwachen, sind sie unschlagbar. Es war Ephrons Wunsch, dass seine Tochter Althea Kapitänin werden soll. Doch ihre Mutter übergibt das Schiff nicht ihr, sondern ihrem Schwiegersohn Kyle Haven. Zähneknirschend akzeptiert Althea diese Entscheidung. Bis sie erfährt, was Kyle ihrer geliebtenViviace antut. Und so entschließt sie sich, für ihr Seelenschiff zu kämpfen - und für ihr eigenes Schicksal.

Dieser Roman ist bereits in zwei Teilen erschienen unter den Titeln »Die Zauberschiffe 1 - Der Ring der Händlerin« und »Die Zauberschiffe 2 - Viviaces Erwachen«. Diese Ausgabe wurde komplett überarbeitet und aktualisiert.

Robin Hobb wurde in Kalifornien geboren, zog jedoch mit neun Jahren nach Alaska. Nach ihrer Hochzeit ließ sie sich mit ihrem Mann auf Kodiak nieder, einer kleinen Insel an der Küste Alaskas. Im selben Jahr veröffentlichte sie ihre erste Kurzgeschichte. Seither war sie mit ihren Storys an zahlreichen preisgekrönten Anthologien beteiligt. Mit »Die Gabe der Könige«, dem Auftakt ihrer Serie um Fitz Chivalric Weitseher, gelang ihr der Durchbruch auf dem internationalen Fantasy-Markt. Ihre Bücher wurden seither millionenfach verkauft und sind Dauergäste auf der New-York-Times-Bestsellerlist . Im November 2021 wurde ihr der renommierte World Fantasy Award für ihr Lebenswerk verliehen. Robin Hobb hat vier Kinder und lebt heute in Tacoma, Washington.

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Von Piraten und Priestern


Kennit schlenderte an der Wasserlinie entlang, ohne auf die salzigen Wellen zu achten, die seine Stiefel umspülten und seine Fußspuren auf dem Sandstrand wegwuschen. Er hielt den Blick starr auf die gekrümmte Linie aus Seegras, Muscheln und Treibholz gerichtet, die den höchsten Stand des Wassers markierte. Die Gezeiten wechselten gerade, und der sehnsüchtige Schlag der Wellen gegen das Land wurde immer kürzer. In dem Maß, in dem sich das Salzwasser vor dem schwarzen Strand zurückzog, entblößte es auch die verblichenen Schieferplatten und Knäuel von Seetang, die jetzt noch in den Fluten verborgen waren.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Insel der Anderen ankerte seine Zweimastbark in der Bucht der Tücke. Er hatte dieMarietta hier vor Anker gesetzt, als die Morgenwinde den letzten Rest des Sturms vom Himmel geblasen hatten. Da war die Flut noch im Steigen begriffen, und die scharfen Kliffe der berüchtigten Bucht hatten sich missmutig unter das schaumige grüne Band zurückgezogen. Das Beiboot des Schiffs mit ihm und Gankis an Bord war über die muschelübersäten Felsen geschrammt und hatte sich dazwischen hindurchgemogelt, um die beiden auf dem winzigen schwarzen Sandstrand abzusetzen, der vollkommen verschwand, wenn der Sturm die Wellen weit über die Hochwassermarkierung hinauftrieb. Darüber erhoben sich drohend die Schieferklippen. Immergrüne Pflanzen, die so dunkel waren, dass sie beinahe schwarz wirkten, trotzten den vorherrschenden Winden.

Kennit besaß zwar Nerven aus Stahl, aber selbst ihm kam es so vor, als träten sie in das weit aufgerissene Maul einer Kreatur.

Sie hatten Opal bei der Gig gelassen, damit ihr nicht dasselbe widerfuhr, was so oft unbewachten Booten in der Bucht der Tücke zustieß. Und zum sichtlichen Unbehagen des Schiffsjungen hatte Kennit Gankis befohlen, ihn zu begleiten und das Boot und den Jungen allein zurückzulassen. Als Kennit einen letzten Blick zurückwarf, sah er, wie der Junge in dem Boot kauerte, das schief am Strand lag. Abwechselnd hatte er furchtsam über die Schulter zu den bewaldeten Klippenspitzen gespäht und dann wieder angestrengt hinaus auf die Bucht geblickt, wo dieMarietta sich gegen ihre Ankerkette stemmte. Als sehne sie sich danach, den Strömungen aus der Mündung der Bucht hinauszufolgen.

Die Gefahren, die einen beim Besuch dieser Insel erwarteten, waren legendär. Es waren nicht nur die Unwirtlichkeit des »besten« Ankerplatzes auf der Insel oder die merkwürdigen Unfälle, die bekanntermaßen Schiffen und Besatzungen zustießen. Die ganze Insel war von der seltsamen Magie der Anderen überzogen. Kennit hatte gemerkt, wie sie an ihm zog und zupfte, während Gankis und er dem Pfad folgten, der von der Bucht der Tücke zum Kleinodienstrand führte. Für einen Weg, der nur selten genutzt wurde, war er wunderlich frei von Laub oder wuchernden Pflanzen. Von den Blättern über ihnen fielen die letzten Regentropfen des nächtlichen Sturms auf Farne, die bereits mit kristallenem Tau schwer beladen waren. Die Luft war kühl und erfüllt von Leben. Bunte Blumen wuchsen mindestens eine Körperlänge vom Wegrand entfernt und spotteten der Dunkelheit des schattigen Waldbodens. Ihre verführerischen Düfte erfüllten die Morgenluft, als wollten sie die Männer verlocken, vom Weg abzuweichen und ihre Welt zu erforschen. Weniger zuträglich sahen hingegen die orangefarbenen Pilze aus, die sich wie Treppen um die Stämme vieler Bäume wanden. Die schockierende Brillanz ihrer Farbe verriet Kennit den Hunger des Parasiten. Ein Spinnennetz hing vor ihnen über den Weg und zwang sie, sich zu ducken. Es war wie die Farne mit schillernden Regentropfen behangen. Die Spinne, die an seinem Rand hockte, war orangefarben wie die Pilze und beinahe so groß wie die Faust eines Säuglings. Eine grüne Baumkröte hatte sich in dem klebrigen Netz der Spinne verfangen und versuchte sich zu befreien, doch die Spinne schien das nicht zu interessieren. Gankis gab ein missbilligendes Grunzen von sich, als er sich bückte, um das Netz nicht zu berühren.

Der Pfad führte direkt durch das Reich der Anderen. Hier konnte ein Mensch die unscharfen Grenzen ihres Territoriums überschreiten. Falls er genug K