: Andrea Schacht
: Jägermond - Die Tochter des Sphinx Roman
: Penhaligon
: 9783641124700
: Jägermond (Fantastische Katzenromane)
: 1
: CHF 7.20
:
: Fantasy
: German
: 416
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Finale der Fantasy-Saga Jägermond - wohliges Schnurren inklusive
Feli gelingt es, aus einem verunglückten Auto nicht nur die Fahrerin zu retten, sondern auch ihre weiße siamesische Katze. Feli erkennt deren Ohrring, der sie als Bewohnerin des magischen Katzenreichs Trefélin ausweist. Der letzten Bitte der weißen Siamesin folgend, bringt Feli sie zurück in ihre Heimat. Dort erfährt die junge Frau Schreckliches. Irgendjemand ermordet in der Welt der Menschen Katzen. Gemeinsam mit ihren Freunden beschließt Feli, die Schuldigen aufzuspüren. Sie ahnen nicht, wie skrupellos ihr Gegner ist - bis auf sie geschossen wird.

Andrea Schacht (1956 - 2017) war lange Jahre als Wirtschaftsingenieurin und Unternehmensberaterin tätig, hat dann jedoch ihren seit Jugendtagen gehegten Traum verwirklicht, Schriftstellerin zu werden. Ihre historischen Romane um die scharfzüngige Kölner Begine Almut Bossart gewannen auf Anhieb die Herzen von Lesern und Buchhändlern. Mit »Die elfte Jungfrau« kletterte Andrea Schacht erstmals auf die SPIEGEL-Bestsellerliste, die sie auch danach mit vielen weiteren Romanen eroberte.

3. Unfall mit Katze

Pu-Shen, der kleine rote Kater mit den weißen Pfoten, trampelte schnurrend auf Feli herum.

»Geh weg!«, murrte sie.

Pu-Shen hörte auf zu trampeln, biss stattdessen in den kurzen Zopf, der auf dem Kopfkissen lag, und zerrte daran. Feli kicherte.

»Also gut, du bekommst dein Frühstück.«

Sie schlurfte in die Küche und füllte den Napf auf,über den sich der Kater augenblicklich hermachte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es sich nicht mehr lohnte, noch mal in die Federn zu kriechen. Halb sechs, eine unchristliche Zeit, aber heute wollte sie ihre Tante Iris bei einer Morgenwanderung begleiten. Iris führte Gruppen durch das Waldgebiet, unterstützt von dem Förster Nathan Walker, der für heute Wild Watching angekündigt hatte.

»Ah, auch schon wach!«, begrüßte ihre Tante sie und warf einen Blick auf den schmatzenden Pu-Shen. Sie war bereits angezogen und scheuchte Feli aus der Küche.»Du hast zehn Minuten, dann starten wir.«

Es war noch dunkel, die Sonne würde erst in zwei Stunden aufgehen, doch der Himmel war klar, und die Dämmerung würde schon bald einsetzen. Mit der Dämmerung erwachten die Tiere. Auch wenn es noch biestig kalt war. Feli kuschelte sich in ihren dicken Schal und setzte sich neben Iris auf den Beifahrersitz.

»Wie viele Opfer hast du einfangen können für diese Tour?«, fragte sie ihre Tante.

»Es kommen zehn. Sofern sie nicht verschlafen.«

»Oder irgendwo angefroren sind.«

»Es hat ein Gradüber null.«

»Wenn du es sagst.«

Feli klapperte leise mit den Zähnen. Das Gebläse begann aber nun warme Luft zu verbreiten, und sie rieb sich die kalten Finger in ihren Handschuhen.

»Du wirst möglicherweise deine Waldkatzen zu sehen bekommen, Feli.«

»Ja, vielleicht. Wenn die nicht auch lieber in ihren Höhlen bleiben.«

»Sicher nicht. Der Hunger wird sie zur Jagd treiben.«

Sie hatten den Ort durchquert und bogen auf die Bundesstraße ein. Eine Weile schwiegen sie beide. Noch gab es wenig Verkehr, sie würden in weniger als einer Viertelstunde am Sammelpunkt sein.

»Scheiße!«, schrie Feli auf, und im selben Augenblick bremste Iris.

»Mein Gott!«

Vor ihnenüberschlug sich ein Sportwagen, flog ein Stück durch die Luft und knallte gegen einen Baum. Die Rücklichter eines anderen Wagens verschwanden im Dunkeln.

Feli wurde in die Gurte gedrückt, aber sowie der Wagen stand, wühlte sie in ihrem Rucksack und zerrte das Handy heraus. Ein seltsam süßer Geschmack lag auf ihrer Zunge, als sie den Notruf wählte. Mit gefasster Stimme gab sie Standort und Geschehen durch, dann sah sie zu Iris hin. Die saß mit starrem Gesicht am Steuer und biss sich auf die Lippen.

»Wir müssen helfen, Tante Iris.«

»Ja, ja, das müssen wir wohl.«

»Komm, du hast doch gerade erst wieder einen Ersthelferkurs gemacht.«

»Ja, ja, hab ich wohl.«

Iris schien hilflos. Also stieg Feli aus und näherte sich der Unfallstelle. Schon im vergangenen Jahr war sie einmal Zeugin eines entsetzlichen Busunglücks gewesen. Es war furchtbar, was sie erwartete, doch irgendwas in ihr gab ihr die Kraft, sich dieser Sache zu stellen. Zu ihrer Ausrüstung gehörte auch eine Stablampe, und die holte sie aus ihrem Rucksack, um sich den Weg zu beleuchten. Der schwarze Wagen lag auf dem Dach, das Glas zersplittert, der Airbag drückte gegen einen Frauenkörper. Aber die Tür war so verbogen, dass sie sie nichtöffnen konnte.

»Können Sie mich hören?«, fragte Feli in die Trümmer hinein. Doch die Frau war offensichtlich bewusstlos. Immerhin gelang es Feli, nach ihr zu fassen, und sie spürte einen leisen Puls unter ihren Fingern.

»Hören Sie mich? Hilfe kommt. Gleich kommt Hilfe.«

»Hilfe!« Ganz leise kam das Wimmern.»Hilf mir!«

Da war noch jemand im Wagen.

Feli leuchtete hinein und starrte in zwei blaue Augen.

»Katze?«

»Hilf mir!«

Das Gold des Ohrrings blinkte im Schein der Stablampe.

Das Martinshorn erklang in der Ferne.

Feli lief um den Wagen herum und schaffte es, durch das zerborstene Seitenfenster nach innen zu schauen. Eine weiße, jetzt aber blutüberströmte Katze lag dort, die Hinterläufe zerfetzt. Mit einem Stein schlug Feli den Rest der Scheibe ein und langte nach drinnen. Die Katze heulte vor Schmerzen auf, ließ sich aber willig hinausheben.

»Wer bist du?«, flüsterte Feli.

»Minni. Minerva. Bring mich zurück, Freundin.«

Blaulicht umzuckte sie, Sanitäter liefen zum Wagen, Feli schaltete die Lampe aus und verzog sich in den Schatten der Bäume.

»Ich bringe dich zurÄrztin, Minni.«

»Keinen Zweck mehr. Zurück. Bitte.«

Leise seufzte Feli. Minni hatte recht, ihr war nicht mehr zu helfen.

»Ist gut, ich bringe dich nach Trefélin.«

»Danke.